21.10.2007

Invasion - zwei Halbe machen kein Ganzes


Über die Unstimmigkeiten bei der Produktion von Invasion hatten wir bereits berichtet. Diese vierte Adaption des Romans The Body Snatchers von Jack Finney hat darunter bestimmt gelitten, denn Invasion reisst keinen vom Hocker. (Trailer/clips aller Versionen sind hier zu sehen.) Was ist nun aus der - weithin doch bereits bekannten - Körperfresser-Geschichte geworden? Ein Alien-Virus reist auf einem Satelliten zur Erde, die Menschen werden zu emotionslosen Gestalten, die mit Vorliebe starren Blicks auffällig in der Gegend herumstehen wie Die Kinder des Zorns - und weiter?

Tatsächlich ist Invasion zwei halbe Filme. Zwei sehr unterschiedliche halbe Filme, die auch im zusammengeschnittenen Zustand beim besten Willen keinen ganzen Film ergeben. Zumindest keinen, der Sinn macht und eine durchgängige Story hat. Die Action Hälfte weiss nichts mit dem ganzen Drama anzufangen und umgekehrt. Äußerst unbefriedigend, das Ganze.

Die eine Hälfte von Invasion (vermutlich die Hirschbiegel Hälfte) beschäftigt sich mit der geschiedenen Psychiaterin Carol (Nicole Kidman, Verliebt in eine Hexe, die Dolmetscherin, Die Frauen von Stepford), die um das Sorgerecht für ihren Sohn Oliver (Jackson Bond) kämpft. In diesem halben Film bekommen wir Szenen präsentiert, die zeigen sollen, welch gute Mutter Carol ist. Sie macht Frühstück, sie simst ihrem Sohn "guten Morgen", sie bringt ihn zur Schule etc.

Der Sohn ist eventuell auch der Grund dafür, dass Carol keine romantische Beziehung mit ihrem guten Freund Ben (Daniel Craig, Casino Royale, Infamous, München), einem Arzt, eingehen will. Und das, obwohl seine Eltern (ja, auch die lernen wir kennen!) eine Ehe zwischen den beiden befürworten und schon an Enkelkinder denken. Ben scheint an ihr interessiert zu sein, laut Drehbuch, allerdings kommt von der Eiskönigin keine halbwegs überzeugende Rückmeldung. Bei einer (sinn- und zwecklosen) Cocktailparty lässt Carol ein paar smarte Sprüche ab, die anscheinend schwierig auswendig zu lernen waren. Kidman sieht man die Anstrengung an.

Wo führen alle diese Set-up Szenen hin, was bringt uns dieses Wissen? Abgesehen von der Erkenntnis, dass Nicole Kidman in der Muterrolle zero überzeugt? Nix. Das ganze Set-up hatte vermutlich in der ursprünglichen Fassung von Newcomer Dave Kajganich (Drehbuch) und Regisseur Oliver Hirschbiegel (Der Untergang, Das Experiment) ein Pay-off. Nur leider - das kriegen wir nie zu sehen.

Eventuell gehört eine Szene, in der Nicole Kidman - in Bleistiftrock und Stöckelschuhen - zur U-Bahn rennt, zu dieser Hälfte. Auf jeden Fall kann man die Szene unter Comedy und/oder 50er Jahre Damsel in Distress ablegen. Hey, hat da schon wieder einer Hommage gebrüllt?

Nun hat der halbe Action-Film aus der Feder der Wachowski-Brüder (Matrix, V wie Vendetta) und unter Regie von James McTeigue (ditto Flicks) wenig Zeit und vermutlich begrenztes Geld, um die Action anzubringen.

Ihre eingeschränkte Mimikfähigkeit macht Kidman etwas zu schaffen und wirkt seltsam. Die Gesichtslähmung gehört bestimmt zur Rolle der Carol, ist eine Auswirking des Alien-Virus, mit dem sie ihr Ex-Mann Tucker (Jeremy Northam, The Statement, Gosford Park) auf äußerst charmante Weise infiziert hat.

Kidman ist eigentlich ab dem Moment die Idealbesetzung, ab dem Carol versuchen muss, keine Emotionen zu zeigen, um nicht aufzufallen. Das Virus lässt die Menschen (völlig und überhaupt nicht wie die Stepford Weiber) zu emotionslosen Gestalten werden. Um ihr altes (eigentlich ebenso blutleeres) ich beibehalten zu können, darf Carol noch dazu auf keinen Fall einschlafen.

Die Zuschauer können bestätigen, dass das kein leichtes Unterfangen ist, ist es doch schwierig, bei dieser (bis auf die letzten 15 Minuten) spannungsfreien Story die Augen offen zu halten. Es passiert nicht sonderlich viel Aufregendes in Invasion. Das finden auch die Figuren, die nicht 'mal selbst von der einen oder anderen Erkenntnis überrascht sind. Carols Sohn Oliver wurde infiziert, verändert sich aber trotz Schlaf nicht? Ach, der ist halt immun. Klar. Wie das geht, interessiert in der Story niemanden. Wir haben zwar nach -zig Jahren noch keine Kur für AIDS, aber so'n olles Alien-Virus, hey, das kriegen wir innerhalb von 'ner Woche oder so geregelt, wie der Film später zeigt.

Story-mäßig hält nichts zusammen, das Tempo orientiert sich anscheinend an der Deutschen Bahn Anno 2007 und auch visuell braucht man von den Regisseuren Oliver Hirschbiegel und James McTeigue nicht viel erwarten. Nächstes Mal holt besser Tom Tykwer, der hat mit Perfume gezeigt, wie man 60 Millionen fabulös aussehen lässt und kann bestimmt auch einen tollen score komponieren. Oder Paul Greengrass (Bourne Ulitmatum) für's atemberaubende Tempo, tolle Stuntszenen und furiose Schnitte - und ab geht die Post.

Hat der Flop Die Frauen von Stepford eigentlich kein deutliches Signal gesendet? will man gerne fragen. Offensichtlich nicht, sonst wäre man nicht auf die Idee gekommen, eine weitere Adaption des weithin bekannten Romans von Jack Finney, The Body Snatchers, zu ordern und zu allem Unglück auch noch die Kidman zu casten, die nicht nur ein gebügeltes Gesicht zur Schau trägt, sondern auch eine seltsam Lara-Croft-mäßige Oberweite. Sowat soll ja mütterlich wirken. Vergebliche Liebesmüh.

Die seltsame Message, die der Film ablässt? Wir können entweder emotionslose Zombies sein und in einer Welt ohne Krieg und Konflikte leben - oder wir sind Menschen und bekriegen und verklagen uns. Laut smarty-pants Carol haben wir's ja schon echt weit gebracht, zivilisationstechnisch.

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Invasion (OT: The Invasion) FSK: 12

Regie: Oliver Hirschbiegel, James McTeigue
Drehbuch: Dave Kajganich nach einem Roman von Jack Finney. (Re-writes: Andy & Larry Wachowski)

Cast:
Carol: Nicole Kidman
Ben: Daniel Craig
Oliver: Jackson Bond
Tucker: Jeremy Northam
Dr. Galeano: Jeffrey Wright

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