25.02.2010

Shutter Island Kritik - DiCaprio, Scorsese

Shutter Island ist die Adaption des gleichnamigen Bestsellers von Dennis Lehane (Buch-Link: Shutter Island), Drehbuch von Laeta Kalogridis (Pathfinder - Fährte des Kriegers, Alexander (Stone), Wächter der Nacht), die auch als Produzentin fungierte. Regie führte Martin Scorsese, was natürlich meine an diesen Psycho-Thriller gestellten Erwartungen enorm steigerte. Ich selbst habe die Romanvorlage nicht gelesen. Der Film ist für die Zuschauer "mit Vorkenntnissen" bestimmt bis zum Ende unterhaltsamer (siehe auch "Potenzielle Spoiler").

Jetzt bestellbar: Die DVD -- Link: Shutter Island

1954. Der erfahrene US-Marshal Teddy Daniels (Leonardo DiCaprio, Zeiten des Aufruhrs, demnächst: Inception) reist zusammen mit seinem neuen Kollegen Chuck Aule zu der Hochsicherheits-Klapse Ashecliffe, einer Anstalt für psychisch gestörte Straftäter der gefährlichsten Sorte, die auf Shutter Island steht und sofort Erinnerungen an Alcatraz wachruft.

Die Patientin Rachel Solando (gespielt von Emily Mortimer und auch von Patricia Clarkson), eine Mörderin, ist aus ihrer Zelle in dieser Festung spurlos verschwunden. Teddy Daniels und Chuck Aule (Mark Ruffalo, Ein einziger Augenblick, The Brothers Bloom, demnächst: Date Night - Gangster für eine Nacht) sollen dieses höchst rätselhafte Vorkommnis nun aufklären und die Mörderin finden.

Gleich wird klar, dass in Ashecliffe irgendwas nicht stimmen kann. Den Marshals werden die Waffen abgenommen, was Daniels aufbringt. Als Psychiater Dr. Cawley (Ben Kingsley, Transsiberian, demnächst: Prince of Persia - Der Sand der Zeit) den beiden Bilder von schauerlichen Behandlungen präsentiert, die von Edgar Allen Poe stammen könnten, wächst
das Misstrauen weiter.

Der Kriegsveteran Daniels leidet unter Albträumen, in denen er wieder im KZ Dachau Nazis erschießt. Wenig verwunderlich ist deshalb das aggressive Misstrauen, mit dem er dem deutschstämmigen Psychiater Dr. Naehring (Max von Sydow, demnächst: Robin Hood) begegnet. Vielleicht werden hier ja illegale Experimente vorgenommen?

Hinzu kommen Halluzinationen, in denen Daniels verstorbene Frau Dolores (Michelle Williams, Wendy & Lucy, demnächst: Mammoth) mit ihm spricht. Ihr Mörder, Laeddis (Elias Koteas, Das Haus der Dämonen), soll auch in Ashecliff sein - und Daniels würde mit dem gerne ein paar Takte reden...

In der Berlinale-Pressekonferenz meinte Scorsese, er hätte am Ende geweint, als er das Drehbuch zum ersten Mal las. Ich gehe davon aus, dass er Mitgefühl mit dem Protagonisten hatte. Gerne würde ich sagen, dass es mir mit dem Film ähnlich erging, dass ich mit dem Protagonisten mitgezittert hätte oder mir am Ende überhaupt etwas an seinem Schicksal lag. Das war aber leider nicht so, denn wir schauen dem Protagonisten fast ausschließlich "in den Kopf". Was dort abgeht ist zu beschränkt und zielgerichtet. Der Figur fehlen Facetten, ihr fehlt vielleicht ein Vorleben, zu dem man eine Verbindung herstellen kann. Und damit letztlich eine vernünftige Motivation, die die Story vorantreibt und den Zuschauer involviert. Was riskiert der Protagonist, der aus dem Nebel kommt? Was steht für ihn auf dem Spiel? Was will er persönlich unbedingt erreichen?

Shutter Island schickt uns auf eine Reise, die zu einem großen Teil aus falschen Fährten besteht. Lehane hat gesagt, er hätte sich von alten Filmen des Genres inspirieren lassen (mehr dazu in den Spoilern unten) und Scorsese sagte das gleiche in Bezug auf seine Technik. Das merkt man. In der ersten Stunde macht es noch Spaß und ich dachte, dass sich meine Vermutung bezüglich des Ausgangs nicht bestätigen würde (zu 50%, war nur die halbe Wahrheit).

Allerdings wurde ich der falschen Fährten irgendwann überdrüssig und fühlte mich von den Filmemachern regelrecht gegängelt. Es ist jetzt 2010 und bei aller Liebe für die Nostalgie - falsche Fährten sind heute nicht mehr der Bringer, der sie vielleicht in den 50ern waren. Ich gehe davon aus, dass Kalogridis, die Erfahrungen mit Adaptionen hat, sich brav an die Romanvorlage hielt, statt vielleicht ein paar Speckschwarten abzuschneiden. (wie mir jetzt berichtet wird, hat Kalogridis anscheinend genau das herausgeschnitten, was in der Romanvorlage den Lesern wohl half, mit dem Protagonisten mitzuleiden - Szenen am Anfang zu Dolores und Teddy, als Dolores noch lebte. Wie gesagt, ich selbst habe das Buch nicht gelesen.)

Irgendwann beschlich mich das irre Gefühl, diesen Film schon einmal gesehen zu haben. Wie ist das möglich, wo es doch kein Remake ist und ich auch den Roman nicht gelesen habe? Nun, ich führe das darauf zurück, dass ich vermutlich die gleichen Filme gesehen habe, von denen sich Lehane und Scorsese haben inspirieren lassen. Ich fühle mich kein bisschen geneigt, auf die Knie zu fallen und die beiden Meister dafür zu loben. Wie gesagt, bei aller Liebe für die Nostalgie... wenn mir danach ist, kann ich einen Film der Zeit ansehen, denn hurra, es gibt ja DVDs und sogar im TV laufen ständig irgendwelche Wiederholungen. Recycling sehe ich lieber beschränkt auf die gelbe, blaue und grüne Tonne, sorry. Was wäre wohl passiert, wenn Daniels ein Handy gehabt hätte?

Zuschauer, die sich vielleicht nur die Produktionen der letzten 10 oder 20 Jahre angesehen haben, werden diesen Film gänzlich anders wahrnehmen und bewerten als ich. Für mich ist Shutter Island zwar keine völlige Enttäuschung, aber doch eine recht unnötige Übung und wenigstens 30 Minuten zu lang, um Spass zu machen.

Für diejenigen, die das Buch gelesen haben, dürfte das Erlebnis auch wieder ganz anders ausfallen. Sie grinsen, wenn sie Chuck mit der Waffe 'rumfummeln sehen, zum Beispiel. Überhaupt sehen sie den ganzen Film sozusagen mit anderen Augen, sie checken bei jeder Szene, ob sie dem bereits bekannten Ende nicht widerspricht und freuen sich über die Hinweise, die immer wieder auftauchen und für sie völlig Sinn machen. Das hat natürlich seinen eigenen Reiz. (mehr für die Leser ganz unten).

Scrosese wiegelte bei der Berlinale Fragen nach einem neuen Mafia-Film ab, indem er quasi abwinkte und etwas in der Richtung von "nur wenn es etwas wirklich Neues zu sagen gibt" sagte. Woher der plötzliche Sinneswandel, frage ich mich da jetzt natürlich nicht ohne Sarkasmus. Denn etwas Neues konnte ich in Shutter Island, bei allem Respekt für die Arbeit der Beteiligten, wirklich nicht entdecken.

Shutter Island -- Genre: Psycho-Thriller/Film Noir -- deutscher Kinostart: 25.02.2010 -- Länge: 138 Minuten -- FSK: ab 16 Jahren
Drehbuch: Laeta Kalogridis, basierend auf dem Roman von Dennis Lehane.
Regie: Martin Scorsese

Shutter Island
Trailer deutsch





ACHTUNG wer weder das Buch gelesen noch den Film gesehen hat, sollte nicht weiterlesen.
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Potentielle Spoiler
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Lehane hat sich als Inspiration auch der Psychologie selbst bedient, insbesondere hat es ihm natürlich diese Technik angetan, die u. a. Cawley ja in der langen, langen Auflösung erklärt. Die Technik wurde im Laufe der Jahrzehnte seit ihrer Erfindung (so um die Zeit, in der Shutter Island spielt) noch weiter verfeinert. Coole Sache.

Unter diesem Aspekt betrachtet fällt der Film in zwei widersprüchliche Kategorien. Zum einen "reizvoll", zum anderen in "die Schublade gleich neben "es war alles nur ein Traum"".

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24.02.2010

Wall Street 2: Geld schlaeft nicht Trailer + Info

Der erste Trailer für Wall Street: Geld schläft nicht (OT: Wall Street: Money Never Sleeps) sieht doch schon recht vielversprechend aus und auch die Liste der mitwirkenden Schauspieler gibt Anlass zur Hoffnung.

Michael Douglas (King of California, Gegen jeden Zweifel) spielt wieder den skrupellosen Gordon Gekko. Gekko wurde ja am Ende von Wall Street abgeführt und inhaftiert - nun wird er aus dem Gefängnis entlassen und lernt Jacob Moore (Shia LaBeouf, Transformers 2, New York, I Love You) kennen. (Wall Street wurde gerade wieder neu aufgelegt -- DVD-Link: Wall Street)

Anscheinend wartet Wall Street 2: Geld schläft nicht auch mit Humor auf. Zumindest schließe ich das aus Gekkos bissigem Kommentar, dass Geldgier heute legal sei. (Prez Obama hat in seiner diesjährigen State of the Union Rede da explizit widersprochen und nimmt die Banker und (künftig auch die) outsourcenden Firmen in die Verantwortung, aber ich schweife ab.) Auch witzig: Close-Up auf das Uralt-Handy, das noch groß und schwer wie ein Backstein ist und den leeren Geld-Clip, den wir natürlich gefüllt sehen wollen. ;)

Regie führt wieder Oliver Stone (W. - Ein missverstandenes Leben), der dieses Mal auch produziert. Das Drehbuch stammt von Allan Loeb. Loeb hat uns mit Things We Lost in the Fire (mit Halle Berry und Benicio del Toro) und mit 21 (mit Jim Sturgess) beeindruckt.

In Wall Street 2 mit dabei (u.a.):
Carey Mulligan (An Education)
Susan Sarandon (In meinem Himmel)
Charlie Sheen (unser lieber Schwerenöter aus TV: Two and a Half Men)
Josh Brolin (Im Tal von Elah, W. - Ein missverstandenes Leben, American Gangster)

Wall Street: Geld schläft nicht (OT: Wall Street: Money Never Sleeps) -- Genre: Thriller -- deutscher Kinostart: 22.04.2010 verschoben auf den 30.09.2010, nochmals verschoben, jetzt: 21.10.2010.

Wall Street 2 - Geld schläft nicht Trailer deutsch



Wall Street: Geld schläft nicht Trailer (engl.)



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22.02.2010

An Education Kritik + Trailer

Fast genau ein Jahr, nachdem Besteller-Autor Nick Hornby (About A Boy, High Fidelity, hier: Drehbuch) und Regisseurin Lone Scherfig ihren Film An Education auf der Berlinale vorstellten, läuft er in den deutschen Kinos an, wenn auch leider nur in rund 100 Häusern. Das ist schon deshalb bedauerlich, weil jedes Mädchen und alle Eltern, die Töchter haben, diesen Film sehen sollten. Und das nicht (nur), weil Carey Mulligan eine herausragende Performance liefert, der Film per se sehr unterhaltsam ist und insgesamt 3 Oscar-Nominierungen erhalten hat.

An Education basiert auf einem kurzen Kapitel der Memoiren der erfolgreichen Journalistin Lynn Barber, die mittlerweile in Gänze als Buch erschienen, allerdings bis dato nur in der Originalsprache erhältlich sind (Link zum Buch: An Education). Hornby und seine Frau, die Produzentin Amanda Posey, sicherten sich die Filmrechte zu der Geschichte und setzten alles daran, das Projekt zu realisieren.

An Education spielt im Großbritannien im Jahre 1961, als Stimmung und Denke noch sehr 50er-Jahre-mäßig waren. Die 16jährige Schülerin Jenny (fabelhaft: Carey Mulligan, Public Enemies, demnächst: Wall Street 2 - Geld schläft nicht) hat nur ein Ziel: Sie will es schaffen, von der Oxford University angenommen zu werden und dort Englisch studieren. Über die gängige "Alternative", einfach einen Mann zu heiraten, der möglichst auch noch den sozialen Aufstieg sichert, macht sie sich anfangs keine Gedanken.

Ihr engstirniger Vater Jack (Alfred Molina, demnächst: Prince of Persia: Der Sand der Zeit) unterstützt sie nach Kräften, auch wenn er nicht wirklich einsieht, warum er für die Ausbildung einer Tochter so viel Geld ausgeben soll. Er hat für Jenny eine Strategie entwickelt, zu der auch das Cello spielen gehört. Dass seine Tochter gerne französische Chansons hört und überhaupt komplett frankophil ist, sieht er als wenig nützlich an. Der Zuschauer bekommt schnell den Eindruck, dass Jennys Vater selbst nicht in Oxford oder sonstwo studiert hat. Jennys Mutter Marjorie (Cara Seymour, Die Geschwister Savage) ist zwar lockerer drauf, aber andererseits ist sie eine typische 50er Jahre Hausfrau und hat wenig zu melden. (Foto* rechts: Carey Mulligan)

Jenny sehnt sich nach einem aufregenden Leben und interessiert sich - wie viele ihrer Mitschülerinnen und Mädchen dieser Altersgruppe generell - nicht unbedingt für die gleichaltrigen Jungs. Das muss auch der schüchterne Graham (Matthew Beard, demnächst: Hippie Hippie Shake) lernen. Er hat es zwar geschafft, zum Tee bei seiner Angebeteten Jenny eingeladen zu werden, doch wird er "aussortiert" - nicht nur von der eh' desinteressierten Jenny, sondern auch von Jennys Vater, der bei Graham die nötigen beruflichen Ambitionen vermisst.

Im strömenden Regen lernt Jenny den mehr als doppelt so alten David (super besetzt: Peter Sarsgaard, Orphan - Das Waisenkind, demnächst: Knight and Day) kennen, der ihr anbietet, ihr Cello und sie in seinem braunen Bristol (ein Luxuswagen, der in limitierter Auflage hergestellt wird) mitzunehmen. Natürlich steigt sie nicht gleich ein. Doch mit viel Geduld und Humor kommt David an sein Ziel. Als Jenny in seinem Auto sitzt, erzählt sie ihm bald von ihren Träumen und Sehnsüchten. David nimmt sie ernst und behandelt sie wie eine Erwachsene. In dieser Szene stellt Hornby seinen David auf geniale Weise vor. Interesse, Freundlichkeit und der demonstrative Einsatz von Geld und Statussymbolen fassen Davids Strategie exzellent zusammen. Und: David liebt die Herausforderung.

Mit der gleichen Strategie überzeugt er bald auch ihre Eltern davon, dass er ein passender Umgang für ihre Tochter ist. Als er gegenüber Jack erwähnt, dass er in Oxford studiert hätte, rechnet der sich natürlich Vorteile für seine Tochter aus. So ein "Insider" hat doch bestimmt Beziehungen oder kann wenigstens unbezahlbare Tips geben. Gleichzeitig kann Jack mit der Billigung der Beziehung demonstrieren, dass er kein Antisemit ist (sondern anscheinend nur die ungebildeten und weniger betuchten Juden verachtet, an die er seine Tochter nie verschachern würde). Nach einem höchst unglücklichen verbalen Ausrutscher im Hausflur fühlt er sich dementsprechend unter Zugzwang, was David nicht entgeht. (Foto* links: Jennys Eltern sind beeindruckt... Molina, Seymour, Mulligan, Sarsgaard)

David demonstriert mit teuren Geschenken seinen Wert und beeindruckt die Eltern derart, dass diese bald seinen an sich völlig indiskutablen und unpassenden Wünschen zustimmen. Jenny will zwar mindestens bis zu ihrem 17. Geburtstag Jungfrau bleiben, aber das stört David nicht (siehe seine Strategie).

Er nimmt Jenny mit zu einer Kunstauktion, bei der sie seinen Freund und Geschäftspartner Danny (Dominic Cooper, Mamma Mia!) und dessen Freundin Helen (Rosamund Pike, Surrogates: Mein zweites ich, demnächst: Barney's Version) kennenlernt. Zu viert besuchen sie Konzerte, teure Restaurants und Jazzclubs. Helen hilft Jenny beim Übergang von Schuluniform zu Erwachsenenoutfits, für die David natürlich auch aufkommt. David nimmt Jenny sogar mit in's "gelobte Land" - nach Paris! (Foto* rechts: Mulligan und Sarsgaard)

Durch die Unterstützung der Eltern und die Bewunderung der Mitschülerinnen fühlt Jenny sich bestätigt und kommt sich sehr erwachsen vor. Einzig ihre Lehrerin Miss Stubbs (Olivia Williams, Miss Austen Regrets, Der Ghostwriter) äußert höchst ungeschickt ihre Bedenken, denen sich später auch die Schulleiterin (Emma Thompson, Liebe auf den zweiten Blick) anschließt. Doch Jenny lacht nur über die Meinung der "alten Jungfern". Was wissen die denn schon? Die sind doch die abschreckenden Beispiele, deren Schicksal sie auf keinen Fall teilen will. Außerdem rebelliert die intelligente Jenny gegen eine drohende Verurteilung als "gefallenes Mädchen". Die Diskriminierung der Frauen und der daraus resultierende Mangel an Optionen trägt vermutlich nicht unwesentlich dazu bei, dass Jenny die Beziehung zu David auch dann noch aufrecht erhält, als sie mitbekommt, wie er sein Geld verdient. Und dann sind da auch noch ihre Eltern, die an David einen Narren gefressen haben...

Carey Mulligan hat sich mit ihrer Darstellung der Jenny endgültig etabliert, sie hat dafür schon etliche Preise gewonnen und eine Oscar-Nominierung erhalten. Doch auch der von der Academy übergangene Peter Sarsgaard ist ideal besetzt. Seine exzellente Darstellung des charmanten Betrügers macht die Geschichte glaubhaft und Jennys Faszination nachvollziehbar.

Nick Hornby hat das nur wenige Seiten umfassende Kapitel aus Lynn Barbers Leben zu einer Glanzleistung inspiriert und er hat die Oscar-Nominierung für Bestes Drehbuch Adaption wirklich verdient. Allerdings war er vor allem darauf bedacht, den Kontext der Zeit gut 'rüberzubringen. (Auf dem gelungenen Soundtrack zum Film sind passende Titel von Juliette Gréco, Ray Charles und Brenda Lee, aber auch Smoke Without Fire von Duffy zu finden. (Link zum Soundtrack: An Education Soundtrack))

Hornbys Fokus auf die Zeit und ihre Gegebenheiten ist zwar interessant, aber letztlich auch die Schwachstelle, die von der Allgemeingültigkeit der Geschichte ablenken und diese trivialisieren könnte. Ich nehme es Nick Hornby durchaus übel, dass er An Education ein relativ weichgespültes Ende gegeben hat, das dem Set-Up und der Brisanz der Themen nicht gerecht wird.

Die heute 65-jährige Lynn Barber selbst hat in wenigen bissigen Worten in einem Kommentar zu diesem Kapitel die wichtigsten Punkte und ihre Erkenntnis zusammengefasst. Zum einen bemerkt sie sarkastisch, dass ihre Beziehung mit "David" sie auf Oxford und den Umgang mit der dort (vermutlich überproportional) vertretenen Oberschicht vorbereitet hat (sie kannte ja nun z. B. die teuren Restaurants, konnte die Speisekarte verstehen etc.). Mit Traurigkeit und etwas Bitterkeit schreibt sie auch über die irreparablen Schäden, die ihr als junges und naives Mädchen durch diese Beziehung zugefügt wurden und die sie zu ihrem Bedauern für immer verändert haben.

Es gibt Millionen Frauen, die ähnliche Geschichten wie Barber erzählen könnten, auch wenn deren "ältere Männer" keine Betrüger waren. Die Gefahr ist heute vielleicht sogar noch größer, die Mädchen oft jünger. Zwar müssen die Männer keineswegs reich oder Produzenten, Modelagenten oder Talentmanager sein, doch wenn sie wenigstens aus einer anderen, privilegierten Schicht stammen, haben sie auf jeden Fall ein leichteres Spiel. Weder die mittelalterliche Geschichte von Abelard & Heloise (Link zur deutschen Ausgabe: Der Briefwechsel mit Heloisa) noch Nabokovs Lolita, noch An Education werden daran viel ändern können - vor allem nicht, wenn diverse Zuschauer und - besonders übel: Universätsprofessoren! - in ihren Beschreibungen dieser Geschichten Worte wie "romantisch" und "große Liebesgeschichte" verwenden und dabei geflissentlich den Alters- und Machtunterschied ignorieren, der in diesem speziellen Zusammenhang keinesfalls ignoriert werden sollte (wie das mein Prof. Im Honors Seminar bez. A & H getan hat).

Mir fällt in diesem Zusammenhang auch der mit kleinstem Budget realisierte Film Hard Candy ein. Hard Candy spielt in der Gegenwart und erzählt die Geschichte eines im Vergleich zu David strategisch weit ungeschickteren älteren Mannes und der 14jährigen Hayley, die er über's IT becirct und dann im realen Leben trifft. Die intelligente Hayley ist natürlich weit weniger naiv als die 60-er Jahre Jenny und setzt sich gegen diesen Predator äußerst erfolgreich und ausgiebig zur Wehr, dreht den Spieß der Macht sogar um. Selbst der politisch korrekte Mainstream hatte so seine Problemchen mit dem Psycho-Thriller, der allzu real daherkommt, und konnte weder mit der Anspielung auf Rotkäppchen noch der Vagina Dentata auf dem absolut genialen Filmplakat und der DVD übermäßig viel anfangen. Nicht, dass mich das überraschen würde. Hauptdarstellerin Ellen Page (erhielt später eine Oscar-Nom für den Mainstreamer Juno) ist in Hard Candy übrigens nicht weniger brillant als Carey Mulligan hier. Die 14-jährige Hayley in Hard Candy lässt sich aber eben nicht zum Opfer machen...

Wer wegen der geringen Anzahl der Spielstätten keine Gelegenheit hat, An Education im Kino erleben zu können, der kann sich wenigstens jetzt schon die *englische* (ohne Synchro oder UT) Ausgabe der DVD bestellen, die im Gegensatz zum Kinofilm allerdings ein FSK 12 erhalten hat (die Ironie): An Education [UK Import]

*Bildmaterial mit freundlicher Genehmigung von und © Sony Pictures Releasing GmbH

An Education -- Genre: Drama -- deutscher Kinostart: 18.02.2010 -- Länge: 100 Minuten -- FSK: ohne Altersbeschränkung bzw. ab 6 Jahren (Angaben variieren)
Drehbuch: Nick Hornby, basierend auf den Memoiren von Lynn Barber
Regie: Lone Scherfig (Italienisch für Anfänger)


An Education Trailer deutsch

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04.02.2010

Up in the Air Kritik + Trailer

Die Literaturverfilmung Up in the Air (basierend auf Walter Kirns Roman, Link zur deutschen Ausgabe: Up in the Air) kam schwer beladen mit 6 Oscar-Nominierungen in die deutschen Kinos, was die Erwartungen natürlich sehr steigerte. 3 dieser Oscar-Nominierungen waren in den Königsklassen Bestes Drehbuch Adaption, Bester Spielfilm und Beste Regie. Kann Up in the Air den hohen Erwartungen genügen?

Ryan Bingham (George Clooney, Michael Clayton, Ein verlockendes Spiel) verdient sein Geld damit, Arbeitnehmer zu feuern. Er fliegt quer durch die USA von Firma zu Firma und ist stolz darauf, eine Technik des "sanften Feuerns" entwickelt zu haben - eine Art humanes Töten, wenn man so will.

Ryan lebt nach dem Motto "die Reise ist das Ziel" und sammelt Flugmeilen nur zu dem Zweck, irgendwann einmal 10 Millionen Meilen gesammelt zu haben. Er ist ein treuer Kunde der Fluggesellschaften, Hotelketten und Autovermietungen. Deren Floskeln erkennt er zwar als solche, aber das ist für ihn mehr als okay. Klare Grenzen, klare Etikette. Ryan hat die Fliegerei zum Lebensstil erhoben und fliegt selbstredend immer nur mit Handgepäck, was viel Zeit spart.

Als er auf einer Reise Alex (Vera Farmiga, Orphan - Das Waisenkind) kennenlernt, erkennt er in der Vielfliegerin sofort eine verwandte Seele. In einer Szene, die sehr an eine Szene aus American Psycho erinnert, tauschen die beiden Erfahrungen aus und zollen ihren Clubmitgliedschaften die gebührende Bewunderung. Für Ryan, der immer wieder betont, dass er nie heiraten will, ist Alex bald die Ausnahmefrau, nach der er nie gesucht hat. Wird er seinen Vorsatz über Bord werfen? (Foto rechts: George Clooney, Vera Farmiga. Alle Fotos Copyright© 2009 DW STUDIOS L.L.C. and COLD SPRING PICTURES.)

Als Ryan in den Firmensitz nach Omaha, Nebraska, gerufen wird und dort erfährt, dass er ab sofort seinen Job per Computer und vom Boden (Omaha!) aus ausführen soll, droht seine Welt zu kollabieren. Jetzt geht's nicht mehr nur darum, seinen gewohnten Lebensstil beizubehalten, jetzt geht's auch um seine Beziehung zu Alex. Ryan hat viel zu verlieren und er kämpft. Erfinderin der Videokonferenz-Kündigung ist Natalie Keener (Anna Kendrick, Twilight 1, 2 + 3), die frisch von der Uni kommt. Ryan überzeugt seinen Chef Craig Gregory (Jason Bateman, Hancock) davon, dass Natalie erst einmal lernen soll, wie das Geschäft überhaupt funktioniert, bevor sie versucht, es zu verbessern. Also macht sich die neunmalkluge Natalie mit Ryan auf den Weg. (Foto links: Anna Kendrick)

Im Laufe der Tragikomödie Up in the Air lernen wir Ryan langsam näher kennen und bald vermuten wir, dass er eine traurige Geschichte von Liebe und Betrug erzählen könnte. Er ist keineswegs der typische eindimensionale Hollywood Klischee-Single, der sich für niemanden interessiert oder einsetzt. Als seine Schwester Julie (Melanie Lynskey, Away We Go - Auf nach Irgendwo) ihn darum bittet, ein recht großes Foto von ihr und ihrem Verlobten Jim (Danny McBride, Die fast vergessene Welt) mit auf seine Reisen zu nehmen und es jedes Mal in's Bild zu halten, wenn er - auch wie gewünscht - von jedem Flughafen ein Foto macht, kommt er diesem Wunsch gerne und ohne zu murren nach. Obwohl das auf Karton aufgezogene Foto nicht in seinen Trolley passt. Er behütet das sperrige Ding, als sei es ein Lebewesen. Er fühlt sich gut, er wird gebraucht, er bringt seinen Einsatz. Er ist der Held.

Um so enttäuschender ist die Erkenntnis, dass seine Familie ihn nicht für einen Helden hält und seinen Einsatz nicht würdigt. Ryan muss ähnliche Enttäuschungen erleben wie Dustin Hoffmans Harvey Shine in Liebe auf den zweiten Blick. Allerdings würde sich Ryan Bingham die Enttäuschung natürlich niemals anmerken lassen. Das würde nicht zu seinem Image passen. Wir verstehen, dass Ryan gerne für jemanden die Nummer Eins wäre. Doch das einzige, worauf er sich wirklich verlassen kann, sind die standardisierten Begrüßungsfloskeln der Flugbegleiter und Hotelangestellten, die die vereinbarten Dienste leisten. Kein Betrug, keine Enttäuschungen.

Letztlich haben wir allerdings den Eindruck, dass Ryan Bingham sich in Zukunft damit nicht mehr zufriedengeben werden kann. Er hat seine Schutzmauer niedergerissen. Auch wenn er sich anfänglich wie der Macker fühlte, so ist er doch der Willkür seines Arbeitgebers ausgesetzt. Bingham ist klar geworden, dass er dieses Mal mit einem blauen Auge davonkam. Für sein neues Leben wird sich der Mann mit den "altmodischen" Werten allerdings warm anziehen müssen...

George Clooney wurde für einen Oscar in der Kategorie Bester Hauptdarsteller nominiert, Anna Kendrick und Vera Farmiga mussten leider in der Kategorie Beste Nebendarstellerin gegeneinander antreten. Farmiga hätte ich den Gewinn gegönnt, die Nominierung von Kendrick verstehe ich nicht so ganz. In Twilight - Biss zur Morgenstunde und New Moon - Biss zur Mittagsstunde (und demnächst Eclipse - Biss zum Abendrot) spielt sie die nervige Jessica, hier spielt sie die höchst unsympathische Natalie. In ihren Interviews kommt sie ähnlich 'rüber, von daher... Aber beide hatten natürlich keine Chance bei der Konkurrenz... (siehe Oscars 2010)

Jetzt auf DVD: > Up in the Air

Up in the Air -- Genre: Tragikomödie -- deutscher Kinostart: 04.02.2010 -- Länge: 110 Minuten -- FSK: ohne Altersbeschränkung
Drehbuch: Sheldon Turner und Jason Reitman, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Walter Kirn.
Regie: Jason Reitman

Up in the Air Trailer deutsch



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Armored

In dem überaus spannenden Thriller Armored wollen sechs Sicherheitsbeamte 'mal eben den ihnen anvertrauten Geldtransport "überfallen". Wie weit wird der einzelne Mann wohl für ein paar Millionen Dollar gehen?

Ty Hackett (Columbus Short, Quarantäne, DVD: Whiteout) ist der Traum eines jeden Arbeitgebers. Der Ex-Soldat ist rechtschaffen und ehrlich, hat eine Hypothek am Hals und seinen 14-jährigen Bruder Jimmy, den er erzieht. Dass er seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen kann ändert daran nichts. Ty glaubt noch daran, dass sich seine Anständigkeit auszahlt. Außerdem hat er jetzt einen neuen Job as Fahrer bei Werttransporten. Alles wird gut....

Tys Kollege und Patenonkel Mike Cochrane (Matt Dillon, demnächst: Takers) hat die Schnauze voll davon, Millionen zu bewachen - er will sie besitzen. Und er hat auch schon einen einfachen Plan, bei dem kein Mensch zu Schaden kommt. Es müssen nur alle sechs Mann der Crew mitmachen, dann kann absolut nichts schiefgehen. $ 42 Millionen sind jede Menge Argumente.

Der Plan ist simpel: sie wollen das Geld verstecken und vortäuschen, überfallen worden zu sein. Dumm nur, dass es einen Zeugen gibt. Und dann taucht auch noch ein Cop (Milo Ventimiglia, TV: Heroes. Pathology, Gamer) auf, der sich nicht abschütteln lässt.

Palmer (Amaury Nolasco, TV: Prison Break. Street Kings, Max Payne) ist ein überzeugter Christ, der einen Teil des Geldes wohl spenden wird und deshalb leicht zu dieser Aktion zu überreden war. Der fiese Baines (Laurence Fishburne, 21, TV: CSI) meint sowieso, dass er alles immer im Griff hat, und wartet nur darauf, schießen zu dürfen. Er ist derjenige, der jeden Thriller spannend macht, weil man ihn quasi babysitten muss, damit nichts schief geht.

Während man auf Baines aufpasst, ziehen Quinn (Jean Reno, All Inclusive) und Dobbs (Skeet Ulrich, TV: Jericho) ihr Ding durch. Sie zeigen uns, dass jeder seinen Preis hat.

Ty hatte vor der Aktion Mike das Versprechen abgenommen, dass kein Mensch verletzt wird. Der Ex-Soldat will nie wieder Blut an seinen Händen haben und will für seinen Bruder da sein. Um so entsetzter ist er, als er sieht, wie gewaltbereit seine Kollegen sind. Alles läuft aus dem Ruder, das Chaos bricht aus und Ty ist der einzige, der einen klaren Kopf behält.

Ty, der sich in einem schwachen Moment zu dieser Sache hat überreden lassen, hat Prinzipien, für die er einsteht und Kopf und Kragen riskiert.

Armored wurde für relativ wenig Geld produziert und das sieht man dem Film anfangs an, was jedoch das Vergnügen nicht wirklich beeinträchtigt. Es wäre allerdings schön gewesen, wenn man sich bei der Filmmusik ein wenig Mühe gegeben hätte. Dieser generische Sound ist schlicht grausig. Egal, Armored ist unterhaltsames Popcorn-Kino, das seinen Zweck erfüllt.

Armored -- Genre: Thriller -- deutscher Kinostart: 04.02.2010 -- Länge: 88 Minuten -- FSK: ab 16 Jahren
Drehbuch: James V. Simpson (Debut)
Regie: Nimród Antal (Kontroll - Jeder muss bezahlen, Motel)

Armored Trailer deutsch

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03.02.2010

Knight and Day - Tom Cruise, Cameron Diaz -- Trailer + Info

Das erste Plakat für Knight and Day (links) bot  jede Menge Möglichkeiten zur Verbesserung und das endgültige Filmplakat und DVD-Cover (rechts) sieht tatsächlich bedeutend besser aus.

Knight and Day ist eine Actionkomödie mit Tom Cruise (Operation Walküre) und Cameron Diaz (Love Vegas, Beim Leben meiner Schwester) in den Hauptrollen, die ab 22. Juli 2010 in deutschen Kinos zu sehen war und ab 26.11.10  auf DVD zu haben ist.

Story:

Cameron Diaz spielt June Havens, die an Board eines Flugzeugs Zeugin eines Attentats wird. Sie hält Milner (Tom Cruise) für den Attentäter und vielleicht gar für einen Spion, aber sicher ist sie sich da nicht.

Die beiden müssen flüchten. Gejagt werden sie vom FBI-Agenten Fitzgerald (Peter Sarsgaard, Orphan - Das Waisenkind, An Education). Fitzi wäre ja nicht der erste "dreckige" Federal Agent, oder?

Währenddessen versucht die CIA-Chefin (Viola Davis, Das Lächeln der Sterne, Glaubensfrage) herauszufinden, was eigentlich läuft. Viel Glück damit. Auch mit dabei: Olivier Martinez (Untreu, Blood & Chocolate) als skrupelloser Waffenhändler.

Der deutsche Trailer zu Knight and Day verspricht schon 'mal jede Menge Witz und viel Action. Das gucken wir uns an!

Link zur DVDKnight and Day - (Extended Cut inkl. Digital Copy)

Knight and Day -- Genre: Actionkomödie -- deutscher Kinostart: 22.07.2010, DVD-VÖ: 29.11.10 -- Länge: 109 Minuten --  FSK: ab 12 Jahren
Regie: James Mangold (Todeszug nach Yuma)
Drehbuch: Patrick O'Neill (Neuling)

Knight and Day Trailer 1, deutsch



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