17.12.2009

Wo die wilden Kerle wohnen Kritik +Trailer

Der kleine Max (Max Records, The Brothers Bloom) ist eine Scheidungswaise. Seine ältere Schwester Claire (Pepita Emmerichs) ist jetzt "zu cool", um sich mit ihrem jüngeren Bruder abzugeben und steht ihm deshalb nicht bei, als ihre neue Clique den ganzen Stolz von Max zerstört - sein selbst gebautes Iglu.

Auch die Mutter (Catherine Keener, Into the Wild, Der Solist) schenkt Max nicht die Aufmerksamkeit und Zuwendung, die der einsame Junge braucht. Sie lässt sich von Max gerne eine Geschichte erzählen, versäumt es aber dann, die darin enthaltenen Warnsignale ernst zu nehmen und mit Max darüber zu sprechen. Als sie sich später auch noch einen gemütlichen Abend mit ihrem neuen Freund (Mark Ruffalo, The Brothers Bloom, Ein einziger Augenblick, demnächst: Shutter Island) macht, dreht Max durch und probt den Aufstand. Hinterher flüchtet er aus dem Haus.

Max flüchtet sich dann in seine Gedankenwelt. Er landet auf einer imaginären Insel wo er auf seltsame "Monster" trifft, die den Fremdling sofort zum König ernennen. In dieser Fantasy ist der machtlose Junge also plötzlich mächtig und frei, steht an der Spitze der Hierarchie. Doch mit Freiheit kommt auch Verantwortung. Max wird nämlich gleich gesagt, dass er dafür zuständig ist, die bis dahin eher deprimierten Inselbewohner glücklich zu machen.

Die Anfangsszenen in der realen Welt von Max und seiner kaputten Familie gehen zu Herzen. Man wünscht ihm, dass sich jemand die Zeit nimmt und sich um ihn kümmert.

Bald wird klar, dass Max sich in seiner Vorstellung an den Platz der Mutter setzt, also der mächtigsten Person in seinem Leben. Dass ihn diese Geschichte nicht glücklich machen wird, kann man sich dann gleich denken. Doch bis unser Protagonist gelernt hat, dass er kein Kind sein darf - also nicht von Hause aus darauf bestehen darf, dass man ihm die Aufmerksamkeit und Zuwendung schenkt, die er braucht - sondern gefälligst erwachsen zu sein und Verständnis für seine Schwester und seine Mutter zu haben hat, dauert es eine Weile. Das ist die Realität in 2009, junger Mann, also stell' dich nicht an. Was uns nicht umbringt.... Walk a mile in my shoes... etc. (Szenenfoto: Catherine Keener, Max Records)

Nachdem wir die Lebewesen auf der Insel erst einmal kennengelernt haben, mutet Wo die wilden Kerle wohnen stellenweise wie ein Kammerspiel an. Das Inselleben ist sterbenslangweilig, der Holzhammer hängt fast sichtbar ständig über diversen höchst "wichtigen" Szenen und anstatt Max durch spannende Abenteuer zu der vorgegebenen Einsicht kommt, wird viel zu viel geredet. Das ist kein Film sondern ein Konzept. Auf diesem Konzept basierend hätte man eine spannende Geschichte erfinden sollen.

Das Drehbuch, inspiriert von Maurice Sendaks gleichnamigen Bilderbuch (Buch-Link:Wo die wilden Kerle wohnen), stammt übrigens von Dave Eggers, der uns schon mit seinem (Drehbuch-) Erstling Away We Go - Auf nach Irgendwo nicht vom Stuhl gerissen hat und Regisseur Spike Jonze (Jackass). Ich könnte mir Wo die wilden Kerle wohnen sehr gut auf einer Theaterbühne vorstellen. Leider kann man das nicht einmal mit niedrigen Produktionskosten entschuldigen, denn das Budget soll bei um $ 100 Mios. gelegen haben. Diese wurden anscheinend von Jonze in erster Linie für den Look der Inselbewohner verbraten.

Einen äußerst bemerkenswerten Lichtblick (außer der Leistung von Max Records, die hier nicht unerwähnt bleiben soll) gibt's noch bei Wo die wilden Kerle wohnen --fast schon ein Klischee, aber die Musik ist genial. Zu hören ist Karen O. (bekannt von den Yeah Yeah Yeahs), die an den Titeln mitgeschrieben und diese auch mitproduziert hat. Wie man hört, sind einige der Titel dieses Soundtracks in der Vorauswahl, mindestens eine Oscar-Nominierung würde mich nicht überraschen. Wir drücken die Daumen! (Link: Soundtrack )

Wie auch schon in Away We Go, so fehlt auch hier ein entscheidendes Element: Großeltern oder Nachbarn, die gewillt sind, in die Bresche zu springen und sich um das Kind zu kümmern (nach dem Motto "It takes a village....."). Da sich Dave Eggers sehr für Kinder engagiert und mit seiner Frau ein Nachhilfezentrum gegründet hat (im 2. Video unten spricht Dave Eggers über dieses Projekt, mehr Lacher in den 24 Minuten als in den 101 Minuten von WDWKW), könnte man auf den Gedanken kommen, dass das seine Intention war: Auf die Situation vieler Kinder hinzuweisen. Wenn er jetzt nur noch seinen Holzhammer vergraben und seine Stories unterhaltsamer gestalten könnte...

Die Zielgruppe für Wo die wilden Kerle wohnen? Letztlich ist Wo die wilden Kerle wohnen ein eher deprimierender Film. Kindern ab 6 Jahren dürfte die ganze Geschichte entweder zu humorlos oder eben zu langweilig sein. Sehr zu empfehlen für Alleinerziehende am Rande des Nervenzusammbruchs, die keinen Zugang zu ihren "unkontrollierbaren" Kindern haben. Diesen wird zwar Verständnis entgegengebracht, aber ihnen wird auch gezeigt, wie machtlos und miserabel sich ihre Kinder - eventuell, vielleicht, vermutlich - fühlen. Verständnis ist bekanntlich ein guter erster Schritt und was folgen kann? Mehr Projekte wie das vom Autor erschaffene. (Dazu ruft er in seiner Dankesrede auch explizit auf)

Übrigens: Dave Eggers, der vor seinem Exkurs in die Filmwelt bereits ein etablierter Autor war, hat aus der kurzen Geschichte von Maurice Sendak nicht nur ein Drehbuch, sondern auch einen 240 Seiten langen Roman gemacht, der bereits in deutscher Übersetzung vorliegt. Link: Bei den wilden Kerlen

Wo die wilden Kerle wohnen -- Genre: Fantasy -- deutscher Kinostart: 17.12.2009 -- FSK: ab 6 Jahren -- Länge: 101 Minuten
Drehbuch: Dave Eggers und Spike Jonze, basierend auf dem gleichnamigen Kinderbuch von Maurice Sedak.
Regie: Spike Jonze

Wo die wilden Kerle wohnen Trailer deutsch



Dave Eggers stellt sein Projekt vor, für das er mit einem Preis ausgezeichnet wurde (rund 24 Minuten).




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