Eingefleischte Fans von Christina Aguilera, die sich an ihr weder satthören noch sattsehen können, sollten sich geschwind aufmachen, um den Musikfilm Burlesque zu sehen. Regisseur Steve Antin, der auch das Drehbuch (mit-) geschrieben hat, ist der Bruder von Pussycat Doll Robin Antin und hat bisher hauptsächlich die Musikvideos der Gruppe produziert. (Die Dolls machen derzeit bekanntlich eine Denkpause...) Auch Burlesque ist in erster Linie ein ausgedehntes Christina Aguilera Musikvideo. Cher darf zwar auch zwei Nummern singen, aber Antin inszeniert Aguilera als den Star und aus. Schade, dass er meint, keine interessante Story erzählen zu müssen. Ein Musikvideo wollte ich mir eigentlich nicht ansehen.
Ali (Christina Aguilera) jobbt in ihrem Heimatstaat Iowa als Bedienung in einem Laden, dessen Chef keine Zahlungsmoral seinen Angestellten gegenüber hat. Da das sowieso nur ein Brotjob für die Möchtegern-Sängerin ist, packt sie ihre Koffer, um in Los Angeles ihr Glück zu machen. Das nimmt keine fünf Minuten Filmzeit in Anspruch (es wird auch noch gesungen, deshalb so lange...) und ich dachte noch, wenigstens kommt Burlesque gleich zur Sache. Leider ging es aber in dem Stil weiter. Schnell irgendeine Storyline oberflächlich anlegen und möglichst postwendend abhaken, dann wird ausgiebig gesungen und "getanzt".
Ali entdeckt in LA rein zufällig die Burlesque Lounge und der freundlich Barkeeper Jack (Cam Gigandet TV: O.C. California. Twilight, The Fighters, The Unborn, Pandorum, Einfach zu haben) lässt sich von ihr dazu überreden, sie als Bedienung anzuheuern. Kaum ist das geschafft, will sie natürlich auf die Bühne. Auch das geht ziemlich flugs.
An der Stelle fragte ich mich, was jetzt eigentlich die weitere Story sein soll. Unsere Protagonistin hat ihre erklärten Ziele erreicht, was nun? Nach gefühltem Leerlauf kommt man dann dahinter, dass die völlig nebenbei bemerkte anstehende Pleite des Burlesque in Wirklichkeit eine größere Sache sein soll. Da Inhaberin Tess (Cher) und ihr Ex-Partner Vince (Peter Gallagher, TV: O.C.California, Covert Affairs) recht emotionslose Gespräche über die finanzielle Situation des Lokals führen und nicht etwa energisch die Ärmel hochkrempeln und panisch eine Kampagne planen oder so, geht das Thema eher unter. Ob die Emotionslosigkeit nur von der deutschen Synchro kam, in der Tess gelangweilt ihren Text herunterleiert, kann ich natürlich nicht wissen.
Barkeeper und Musiker Jack hat zwar eine in New York befindliche und damit unsichtbare Verlobte, aber er ist in Ali verschossen, mit der er seine Wohnung teilt. Die hält ihn für schwul, weil er Eyeliner benutzt. Das erfahren wir übrigens in einer der ausgelutschtesten Szenen dieses Jahrzehnts. Ach, und weil wir Malen nach Zahlen spielen, gibt es auch noch den Baulöwen Marcus (Eric Dane, TV: Grey's Anatomy. Marley & ich, Valentinstag), diverse problembeladene Tänzerinnen und den schwulen Bühnenmanager Sean (Stanley Tucci, Julie & Julia, Einfach zu haben).
Anscheinend war Antin der Meinung, dass Tucci als schwule Figur eine totale Sensation sei, mit der er auch noch der schwulen Fanbase von Cher Rechnung tragen konnte. Anders kann man sich einige Szenen ohne Daseinsberechtigung wirklich nicht erklären. Im Prinzip hätte man nicht alle beide Figuren - Vince und Sean - gebraucht, eine hätte völlig ausgereicht.. Nettes Cameo von David Walton als Mark. Völlig verschwendet: Alan Cumming (TV: Good Wife).
Dass Cam Gigandet sehr talentiert ist, dürfte wohl bekannt sein. Dass er einen gestählten Körper hat, wissen wir auch. In Burlesque muss er den allerdings auch völlig hüllenlos präsentieren in einer Szene, die witzig sein soll. Geschmackssache.
Musik und "Tanz" -- Es gibt ein paar schöne langsame Nummern, z. B. You Haven't Seen The Last of Me von Cher und Bound To You von Christina Aguilera, die beide für einen Golden Globe als Bester Original Song nominiert wurden. Natürlich werden in einem Club wie dem Burlesque aber eben nur softe Titel gespielt, was zur Energielosigkeit des Films beiträgt. Die Choreographien für die Performances sind auch nicht gerade berauschend. Wedelnde Hintern haben wir schon bis zum Abwinken in -zig Hip Hop Videos gesehen... (Link zum Soundtrack: Burlesque Original Motion Picture Soundtrack )
Das Drehbuch ging durch eine ganze Reihe verschiedener Hände, inklusive denen von Diablo Cody und Susannah Grant. Ich habe Fassungen angelesen, die einen bedeutend interessanteren Anfang hatten als der, den man im fertigen Film sieht. Letztlich soll Steve Antin seine eigene, frühere Version verfilmt haben. Antin als Drehbuchautor... dazu kann ich nur sagen: Bitte, liebe Pussycat Dolls, macht endlich weiter, damit Antin wieder Musikvideos drehen kann und die Finger von Filmprojekten lässt... Es ist natürlich auch denkbar, dass Christina Aguileras schauspielerisches Talent nicht gereicht hat und viele Szenen geschnitten werden mussten...
Nebenbei bemerkt: Die Luxus-Marke Christian Louboutin, bekannt für ihre rotsohligen Ultra-High-Heels, hat für das penetrante Product Placement hoffentlich ein paar Millionen $ springen lassen. Christina Aguilera als Werbeikone, die die Schuhe anhimmelt und sich über ein geschenktes Paar freut, als wäre es der Hope Diamant, sollte das locker wert sein.
Burlesque -- Genre: Musical -- deutscher Kinostart: 06.01.11 -- Länge: 118 Minuten -- FSK: ab 6 Jahren.
Burlesque Trailer deutsch
Andere neue Filme siehe Kinostarts
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen