25.05.2010

A Single Man Kritik + Trailer

Das Regiedebüt des Modedesigners Tom Ford - A Single Man mit Colin Firth in der Titelrolle - ist ein traumhaft schöner Film für Augen und Ohren und liefert für den so geneigten Zuschauer auch noch jede Menge Subtext, der sich zu einem traurigen Bild zusammenfügt. Der Film basiert auf einem Roman von Christopher Isherwood (1904 - 1986). Buch Link zur deutschen Ausgabe: Der Einzelgänger

1963. Literaturprofessor George Falconer (Colin Firth, Mamma Mia!, Das Bildnis des Dorian Gray, demnächst: Easy Virtue) trauert um seinen bei einem Autounfall um's Leben gekommenen Partner Jim (Matthew Goode, Watchmen, demnächst: Verlobung auf Umwegen), mit dem er 16 Jahre verbracht hat. Der Unfall ist acht Monate her, doch die Erinnerungen an Jim begleiten ihn weiterhin durch jeden Tag. Deshalb beschließt er, Selbstmord zu begehen. George bereitet alles ordentlich vor, schreibt Abschiedsbriefe, legt seinen Anzug zurecht und macht sich auch Gedanken über die Menschen, die mit seiner Leiche umgehen müssen.

Es ist keiner da, der ihn davon abhalten könnte. George ist nicht Teil einer Schwulen-Szene, die es
damals natürlich auch gab. Er hat keine Freunde, die seine Situation verstehen und ihm beistehen könnten. Er trauert alleine. Er trauert heimlich. Wird ihm die selbstgewählte Isolation tatsächlich zum Verhängnis werden?

George erinnert sich zurück an den Moment, als "der Anruf" kam und er erfuhr, dass die Eltern seines Partners ihn nicht bei der Beerdigung dabeihaben wollten. Er erinnert sich an die vielen schönen Momente der Vertrautheit mit Jim. Wie leicht damals alles war.

Seine beste Freundin Charley (Julianne Moore, Chloe, demnächst: Pippa Lee (Tipp!)), mit der er vor gefühlten hundert Jahren einmal eine Liebesbeziehung hatte, führt sich auf wie die typische Fag Hag. Die geschiedene Charley ist single und hat keine Ahnung, was sie mit sich anfangen soll. Mit George verbindet sie eine Freundschaft, die auf der unterschwelligen Hoffnung basiert, dass er plötzlich wieder heterosexuell wird. Mit ihr natürlich.

Während einer Vorlesung spricht George mit einer für ihn untypischen Leidenschaft über die Angst und wie sie von Politik, Medien und Werbung zur Manipulation der Menschheit genutzt wird. Er spricht davon, wie die Angst vor dem Unbekannten (z. B. einer Minorität) von den Manipulatoren dazu benutzt werden kann, Feindbilder zu erschaffen. Zwar gibt George viele Beispiele, aber er lässt eines geflissentlich weg: Homophobie. Der Student Kenny (Nicholas Hoult, Clash of the Titans) ist trotzdem hin und weg und fühlt sich angesprochen.

Es ist Kenny, der George aus seiner Trauer holt. Kenny flirtet nicht nur ganz offensichtlich mit George, er legt ein echtes menschliches Interesse an dem Menschen an den Tag und ist beharrlich. Kenny braucht, genau wie sein Professor auch, ein paar Gleichgesinnte, mit denen er reden und Freundschaften pflegen kann. George fällt es nicht leicht zu entscheiden, wie er sich verhalten soll. Soll er sich mit dem Jungen treffen und seine Karriere riskieren? Wäre das nicht auch egoistisch? Wenn er es täte, würde er es dann aus den richtigen Gründen tun, oder sich nur von seiner Trauer ablenken? Sollte er es für den Jungen tun? Kenny ist zwar viel jünger, aber er hat die unwiderstehlichen Eigenschaften, die George an Jim so liebte...

Was an George besonders beeindruckt, ist seine Zurückhaltung und Charakterstärke. Von Professoren, die ihr Amt missbrauchen, hören wir ständig in den Nachrichten und zuletzt hat John Malkovich als Professor Lurie in der fabelhaften Literaturadaption Schande unseren Blutdruck gefährlich erhöht. George würde es nicht im Traum einfallen, einen Studenten anzubaggern. Auch nicht, wenn dieser recht eindeutige Signale sendet.

Sein untypischer Vortrag lässt Rückschlüsse darauf zu, dass George sich mit dem Thema der Homophobie befasst und vielleicht anfängt, sich mit der Gefahr der Verinnerlichung derselben und seiner selbstgewählten Isolation auseinanderzusetzen.

Der wunderschöne Soundtrack zum Film stammt von dem polnischen Komponisten Abel Korzeniowski, der für diese Filmmusik eine Golden Globe Nominierung bekam.

(Link zur CD: A Single Man) Eine Reinhör-Funktion gibt's nur auf der MP3-Seite des Soundtracks hier: A Single Man: Original Motion Picture Soundtrack

Colin Firth beeindruckt wie immer. Seine Performance in A Single Man hat ihm viele Preise und eine Oscar-Nominierung eingebracht. Irgendwann wird Oscar kommen, nur eine Frage der Zeit.

Tom Ford, der auch am Drehbuch beteiligt war und als Produzent fungierte, hat mit seinem Regiedebüt gezeigt, dass er ein wunderbarer Künstler ist und eine Bereicherung für die Filmwelt. Sein Auge und sein Sinn für die Gesamtkomposition, die Ästhetik, sind einfach toll. Davon würde ich gerne mehr sehen. Bis jetzt ist leider noch nichts angekündigt. Lassen wir uns überraschen.

A Single Man Trailer deutsch



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