(Jetzt auf DVD: Pippa Lee)
Autorin und Regisseurin Rebecca Miller hat ihren Roman Pippa Lee verfilmt und heraus kam ein smarter, interessanter und vor allem auch witziger Film mit Robin Wright Penn (Inside Hollywood, State of Play - Der Stand der Dinge) in der Titelrolle. Es ist Miller gelungen, sogar mir die Story einer Ehefrau ohne Karriere derart unterhaltsam zu präsentieren, dass ich von Anfang bis Ende fasziniert zusah und mich wirklich für diese Pippa und ihr Leben interessierte.
Die Geschichte beginnt, als Pippa etwa Mitte 40 ist und entscheidet: Mir reicht's, ich war lange genug ein Rätsel, ein Geheimnis. Durch gut platzierte Flashbacks (in einigen ist Blake Lively (Gossip Girl) als Pippa zu sehen) bekommen wir die wichtigsten Stationen von Pippas Leben mit, und sehen dann auch, wie es nach den daraus gewonnen Erkenntnissen in ihrem Leben weitergeht.
Als Pippa zur Welt kommt, ist sie derart behaart, dass die Mutter sie mit einem Äffchen vergleicht. Der kleine Bruder fragt: ist das nun ein Baby oder ein Haustier? Direkt danach sehen wir eine Szene, die sich rund vier Jahrzehnte später abspielt. Herb Lee (Alan Arkin, Get Smart, Marley & ich, Sunshine Cleaning), der mehrmals pfeift. Ruft er seinen Hund? Nein, er pfeift nach seiner Frau Pippa Lee. Ein gutes Beispiel dafür, dass die Story im Schnitt liegt, wie David Mamet richtig erkannt hat. Diese beiden Szenen nebeneinander gestellt zeigen uns die Stellung Pippas und vielleicht auch, wie sie sich selbst sieht. Später sehen wir noch eine andere Szene, die diesen Punkt unterstreicht. Pippa das Haustierchen.
Herb ist ein erfolgreicher Verleger, Jahrzehnte älter als Pippa, für den der Ruhestand angesagt ist. Die beiden ziehen in ein neues Haus in einer dieser Rentner-Siedlungen. Kaum eingezogen, ereignen sich seltsame Dinge im Haus. In der Nacht ist jemand eingebrochen und hat die Küche eingesaut. Oder eidet hier vielleicht jemand an Alzheimer? Da ich den Roman nicht gelesen habe, schwebt für eine ganze Weile diese Frage über allem und ich kann über ein paar witzige Szenen deshalb nicht herzlich lachen wie einige der Roman-Fans im Kino.
Pippa versucht, sich in der Rentnerkolonie einzufügen, doch ist das gar nicht so einfach. Leute wie die Oma-hafte Nachbarin Dot (Shirley Knight, Desperate Housewives, Der Kaufhaus Cop) sind nicht wirklich die Art Mensch, die man sich als Freundin für Pippa vorstellen kann. Dots Sohn Chris (Keanu Reeves, Street Kings, Der Tag, an dem die Erde stillstand), der nach einer gescheiterten Ehe vorübergehend bei ihr eingezogen ist, würde da schon eher in Pippas Leben passen, so er denn die Zähne auseinander bekäme. (Foto* links: Robin Wright als schlafwandelnde Pippa, Keanu Reeves als Chris. *Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung der Senator Film.)
Statt dessen trägt Chris z. B. ein T-Shirt mit dem Aufdruck "what?", um ungebetene Konversationen im Keim zu ersticken. (Keanu Reeves mit Jesus-Tätowierung auf der Brust brachte das Kino zum Brüllen vor Lachen. Die hätte er 'mal in Der Tag, an dem die Erde stillstand zeigen sollen...)
Pippa gibt sich alle Mühe mit den Rentnern, doch sie fliegt sogar hochkant aus einem Töpferkurs in der Nachbarschaft. Rausgeflogen! Sie kann's nicht fassen.
Durch Pippas Erinnerungen lernen wir ihre Mutter Suky (toll: Maria Bello, Die Mumie 3) kennen, die sich nur mühsam mit der Hilfe von Antidepressiva durch den Tag schlägt. Die Teenagerin Pippa (gespielt von Blake Lively, TV: Gossip Girl) erträgt's irgendwann nicht mehr und flüchtet zu ihrer lesbischen Tante Trish (Robin Weigert, Things We Lost in the Fire, Synecdoche, New York und My One and Only). Doch nach einem unglücklichen Zwischenfall mit deren Lover Kat (Julianne Moore, Wilde Unschuld, A Single Man, Chloe, The Kids Are All Right) muss sie wieder abreisen. Sie hält sich mit diversen Jobs über Wasser, dröhnt sich auf Parties zu. Und doch ist Pippa naiv und wirkt irgendwie kindlich. (Foto* rechts: Blake Lively als die junge Pippa, Alan Arkin als Herb)
Pippa fühlt sich wie der totale Loser, da hat der erfolgreiche Herb Lee natürlich leichtes Spiel. Dessen zweite Ehefrau Gigi (Monica Bellucci) scheint auch damit einverstanden, dass sie durch eine Jüngere ersetzt wird. Ein Freund meint im Scherz, wenn Herb weiterhin seine Frauen durch immer jüngere und naivere ersetzt, wird er mit einer kompletten Idiotin enden. Weisere Worte wurden nie gesprochen...
Es gibt übrigens auch ein höchst amüsantes Wiedersehen mit Winona Ryder (The Informers, Star Trek) in der Rolle von Pippas Schwiegertochter, über die ich aber nichts verraten kann (Spoilergefahr). Winona Ryder kommt in Comedy auf jeden Fall supergut an, davon würden wir gerne mehr sehen.
Pippa Lees Krise ist eine der wenigen wirklich unterhaltsamen Krisen, die man so im Kino zu sehen bekommt. Hier geht es nicht um (Selbst-) Mitleid oder Anklagen, sondern um eine Bestandsaufnahme und vor allem auch um die Konsequenzen, die man daraus zieht. Für Pippa bedeutet das: In den "Ruhestand" gehen. Den Dienst als Haustier quittieren und ein eigenes, völlig neues Leben anfangen. Es ist an der Zeit, denn die "Schulden" für die "Rettung" hat sie vielfach beglichen...
Die Flashbacks sind sehr effektiv und gerade lang genug, um ihren jeweiligen Punkt 'rüberzubringen. Der Film ist sehr flüssig und straff, jede Szene bringt etwas Neues, wie das ja auch sein soll. Der Humor ist klasse, sogar die anwesenden Männer (auf deren Kosten der eine oder andere Lacher ging) konnten nicht anders und lachten lauthals mit.
Rebecca Miller ist nicht nur die Tochter von Arthur Miller, sondern sie beherrscht ihr Handwerk und hat auch das nötige Talent. Mich hat sie mit diesem Film völlig überzeugt und sehr gut unterhalten.
Pippa Lee -- Genre: Drama -- deutscher Kinostart: 01.07.10 , DVD-VÖ: 19.11.10-- Länge: 98 Minuten -- FSK: ab 12 Jahren
Drehbuch: Rebecca Miller (Der Beweis)
Regie: Rebecca Miller (The Ballad of Jack & Rose)
Pippa Lee Trailer deutsch
Pippa Lee Cast:
Pippa - Robin Wright Penn
Teenage Pippa - Blake Lively
Chris - Keanu Reeves
Suky - Maria Bello
Herb - Alan Arkin
Sandra - Winona Ryder
Grace - Zoe Kazan
Dot - Shirley Knight
Trish - Robin Weigert
Kat - Julianne Moore
Gigi - Monica Bellucci
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