07.05.2008

Filmkritik: Wilde Unschuld - mit Trailer - OT: Savage Grace


Wilde Unschuld - Savage Grace (5/10)

Wilde Unschuld - Savage Grace -- Genre: Drama -- FSK: 16
Wilde Unschuld wurde bei dem Verzaubert-Filmfestival in mehreren deutschen Städten gezeigt, bevor der Film nun am 08.05.2008 in deutschen Kinos anlief.

Jede Menge Sex, zumeist unangenehmer Art, und Gewalt und schließlich auch ein Mord - das ist die (wahre) Geschichte der prominenten Familie Baekeland, die natürlich danach schrie, verfilmt zu werden. Den Tatsachenroman, auf dem Wilde Unschuld basiert, haben Natalie Robins und Steven M.L. Aronson geschrieben, das Drehbuch stammt von Howard A. Rodman.

Brooks Baekeland (Stephen Dillane, Klimt, demnächst: Fugitive Pieces) ist der Enkel von Leo Baekeland, Erfinder von Bakelite, bei uns Bakelit genannt - und demzufolge vermögender Erbe. Er heiratet Model und Möchtegern-Schauspielerin Barbara (Julianne Moore, I'm Not There, demnächst: Die Stadt der Blinden), die ihm auch prompt einen Sohn schenkt.

Brooks hat selbst nichts auf die Beine gestellt und das nagt an ihm. Er verfrachtet seine Familie nach Europa, wo das Unglück dann endgültig seinen Lauf nimmt. Barbara war von jeher verzweifelt bemüht, sich in der ihr fremden Oberschicht einzugewöhnen. In Europa kämpft sie noch zusätzlich mit dem Kulturschock und den Vorurteilen, die man Amerikanern gegenüber hegt. Und diese hat sie verinnerlicht. Da sie selbst keine Schulbildung hat, mit der sie angeben kann, muss ihr kleiner Sohn Tony (Barney Clark) auch schon 'mal vor den europäischen Snobs mit seinem Französisch glänzen. Diese verzweifelten Bemühungen sind Brooks peinlich, der sich immer mehr von ihr zurückzieht und auch fremdgeht.

Da sie das Vermögen und ihre gesellschaftliche Stellung nicht aufgeben will, versucht Barbara immer wieder, sich einzufügen, was nicht klappt. Sie verfällt in Depressionen, ihre einzige Stütze ist ihr Sohn, zu dem sie eine viel zu enge Beziehung hat, wie das bei alleinerziehenden Müttern schon 'mal vorkommt. Das ändert sich aber auch nicht, als Tony schon längst erwachsen ist (dann gespielt von Eddie Redmayne, Die Schwester der Königin, demnächst: Powder Blue). Sie klammert sich an ihn und er lässt das zu, denn Barbara ist suizidgefährdet. Vor allem, nachdem Brooks sie verlassen hat, wird die Situation völlig untragbar.

Als dann auch noch die Gefahr besteht, sie könnte ihren Tony an seinen schwulen Lover verlieren, geht Barbara viel zu weit....

Das hört sich alles edgy an, was eigentlich mein Ding ist. Doch leider bleibt Wilde Unschuld weit hinter den Erwartungen zurück. Zwischendurch dachte ich: Hat da wieder Julianne Moores Ehemann Regie geführt (Bart Freundlich und die Antwort ist nein), oder warum hat sie sich nur entschieden, in diesem seichten Filmchen, eine derart unangenehme Rolle zu spielen?

Ja, Wilde Unschuld ist seicht, auch wenn es gerne mehr sein möchte. Es reicht einfach nicht aus, für die Entwicklung der Charaktere immer nur Sex-Szenen zu zeigen, egal wie unangenehm oder tabuisiert diese auch sein mögen. Dabei wurde oft vergessen, den Charakteren tatsächlich Facetten zu geben. Antony Baekeland soll auch unter Schizophrenie gelitten haben, was der Film fast gänzlich unter den Tisch fallen lässt. Es passt auch nicht sehr gut in das alte Freudsche Lieblingsthema. Wilde Unschuld ist wie besessen davon, uns Barbaras Fehler zu zeigen ohne ihr die Liebe zu geben, die ein Film seinen Hauptfiguren geben sollte, auch wenn diese nicht rundum liebenswert sind.

Das Drehbuch stammt von Howard A. Rodman (Joe Goulds Geheimnis, demnächst: August). Dazu kann man eigentlich nur sagen, dass es nicht gelungen ist. Der Dialog ist stellenweise hölzern und wirkt künstlich, emotionale Szenen wirken übertrieben, das ganze kommt sensationsgeil und auf eine kranke Weise lüstern daher. Regisseur Tom Kalin hat seinen Beitrag dazu geleistet.

Wenn Wilde Unschuld eines erreicht, dann ist das, dass man Lust darauf bekommt, die Romanvorlage zu lesen, um wirklich etwas über die Familiengeschichte zu erfahren. Auf den 512 Seiten wird wohl mehr zu finden sein als das bisschen, was uns der Film da liefert. Auf deutsch ist das Buch noch nicht erschienen, statt dessen gibt es jetzt das Movie-Tie-in in englisch: >> Savage Grace (Movie Tie-In): The True Story of Fatal Relations in a Rich and Famous American Family

Wilde Unschuld - deutscher Trailer



Wilde Unschuld - Savage Grace
Drehbuch: Howard A. Rodman, Adaption des Tatsachenromans Savage Grace von Natalie Robins und Steven M.L. Aronson.
Regie: Tom Kalin

Wilde Unschuld - Savage Grace Cast:
Barbara Baekeland - Julianne Moore
Brooks Baekeland - Stephen Dillane
Tony Baekeland - Eddie Redmayne
Tony Baekeland als Kind - Barney Clark
Sam Green - Hugh Dancy (Spuren eines Lebens, Der Jane Austen Club, demnächst: Adam)
Blanca - Elena Anaya


Empfehlenswert:
Ja, kaum zu glauben, aber wahr: Iron Man ist sehenswert und macht auch noch Spass.
Kino: Tödliche Entscheidung
Kino: Outsourced
Kino: Lars und die Frauen
Kino: Untraceable
Kino: In die Wildnis - Allein nach Alaska
Kino: 8 Blickwinkel
Kino: Sweeney Todd
DVD: Die Fälscher - der Oscar-Gewinner
DVD: Mr. Brooks
DVD: Todeszug nach Yuma

Abonniere den Newsletter! Einfach hier klicken

Keine Kommentare: