21.09.2009

Wie das Leben so spielt Kritik + Trailer

In seiner Eigenschaft als Produzent war Multitalent Judd Apatow in letzter Zeit zwar für viele Filme (mit-)verantwortlich, die mich alles andere als begeistert haben (Year One, Ananas Express, Stiefbrüder), doch hatte ich immer noch Vertrauen in Apatow als Drehbuchautor. Schließlich waren Leg' Dich nicht mit Zohan an (mit Co-Autoren Adam Sandler und Robert Smigel) und Walk Hard - Die Dewey Cox Story (mit Co-Autor Jake Kasdan) genial, Jungfrau (40), männlich, sucht (mit Co-Autor Steve Carell) und Beim ersten Mal (im Alleingang, auch Regie) ganz witzig und unterhaltsam.

Mit der Tragikomödie Wie das Leben so spielt versucht sich der millionenschwere und einflußreiche Apatow nun zum zweiten Mal im Alleingang und führt auch selbst Regie und - keine Überraschung - fungiert auch als Produzent. Vor diesem Hintergrund erklärt sich die Länge des Films (140 Minuten, typisch) und die Besetzung (u.a. Frau und Kinder, Kumpels und Protegés - auch nichts Neues;) von selbst. Mein Vertrauen in Apatow als Autor hat damit allerdings einen Knacks bekommen.

Wie das Leben so spielt ist ein Film für eingefleischte Judd Apatow Fans, die sich schon beim Anblick von Jonah Hill (Superbad, Nie wieder Sex mit der Ex, Walk Hard) vorfreudig auf die Schenkel klopfen und die auch bei der tausendsten Zote über die männliche Anatomie noch lachen können. Allerdings ist fraglich, ob diese sich sonderlich für die zweite Hälfte des Films interessieren werden. Die anderen Zuschauer werden während der ersten Hälfte die Zähne zusammenbeißen und sich vielleicht hinterher fragen, ob die guten Performances von Adam Sandler und Seth Rogen die Geduld wert waren...

George Simmons (Adam Sandler, Bedtime Stories, Leg' Dich nicht mit Zohan an, Chuck & Larry) ist ein äußerst erfolgreicher Komiker, der durch seine Filme und Stand-Up Acts berühmt und reich wurde. Bei den Frauen hat er leichtes Spiel, was für den Zuschauer auch gleich erklärt, weshalb er nicht mehr mit seiner Freundin Laura (Apatows Ehefrau Leslie Mann, 17 Again, Ein Mann für alle Unfälle) zusammen ist. Doch dann erfährt George von Dr. Lars (Torsten Voges, mit meterdickem Akzent, muss man im OT sehen bzw. hören;), dass er eine äußerst aggressive Form der Leukämie und nur eine sehr geringe Chance hat, dass ein neues Medikament ihn retten kann. Schluss mit lustig.

George hat beruflich das erreicht, wovon Ira Wright (Seth Rogen, Zack & Miri Make A Porno) nur träumen kann. Ira arbeitet in einem Fast Food Laden und hofft auf seinen großen Durchbruch als Komiker. George läuft ihm im Comedy Club über den Weg, ist beeindruckt und heuert ihn als Gagschreiber und Personal Assistant an. Ira wird unersetzlich, wird zum besten Freund und einzigen Vertrauten, der immer für George da ist. George will die alte Liebe mit seiner Ex Laura wieder aufleben lassen, obwohl die seit 12 Jahren mit dem Australier Clarke (auch mit dickem Akzent: Eric Bana, derzeit auch Die Frau des Zeitreisenden) verheiratet ist und zwei Töchter (Maude und Iris Apatow) mit ihm hat. Denn sie, so erkennt er jetzt, war die Liebe seines Lebens, sie war ihm wirklich wichtig. Späte Reue. [Foto: Mann, Sandler, Rogen, Bana © 2008 Universal Studios.]

Apatow hat keinen klaren Fokus und versucht statt dessen, eine Unmenge verschiedener Dinge unter einen Hut zu bringen. Das fängt schon damit an, dass er die Geschichte, diese Bromance, nicht nur aus einem Blickwinkel erzählt, sondern abwechselnd aus Iras und aus Georges POV (Point of View). Es gibt einen Grund, weshalb die meisten romantischen Komödien (und eine Bromance ist vergleichbar) nur aus einem Blickwinkel erzählt werden. Wer das jemals in Frage gestellt hat (ähem, ja nun... (kleinlaut) ich), der hat mit Wie das Leben so spielt jetzt ein wunderbares Gegenbeispiel. Aus nur einem POV die Geschichte zweier Menschen und ihrer Beziehung zu schreiben, ist ungleich schwieriger. Schon allein die Frage, wessen Blickwinkel man wählen soll, ist oft nicht einfach zu beantworten. Es bedarf einiger Kniffe (und der einen oder anderen "Mogel-Szene";), die Geschehnisse im Leben der anderen Person und deren Gedanken und Motivation geschickt einzuarbeiten. Apatow hat sich diese Schwerarbeit erspart und das merkt man diesem Film eben an.

Bevor jetzt Kommentare wie "Apatow ist eben ein Genie, das sich nicht an Formeln und Genre Konventionen hält" kommen --- Apatow hält sich sehr wohl an die Konventionen und Formeln der romantischen Komödie. Es gibt die "Sie lernen sich kennen" Szene, weiter geht's mit "sie verlieben sich und die Beziehung vertieft sich", dann gibt's den "störenden Dritten", in Akt III kommt "sie streiten und trennen sich" und das Ende entspricht auch den Konventionen. Wenn ich Lust hätte, mir den Film nochmals genauer anzusehen, fände ich vermutlich noch mehr, doch so aus dem Stand ist das doch schon mehr als genug.

Iras Blickwinkel beinhaltet auch seine Mitbewohner, weil - welch Glück - man damit auch noch gleich richtig den Konkurrenzkampf unter den Komikern und, wenn wir schon 'mal dabei sind, auch noch den Unterschied zwischen Schauspieler und Komiker 'reinbringen kann kann. Aus diesem Grund muss der Zuschauer besonders in der ersten Hälfte des Films viel Geduld aufbringen und sich eine Menge unlustiger Comedy und abgestandener Witze und Beobachtungen über die männliche Anatomie anhören. [Diese Obsession erklärt zwar endgültig und sehr anschaulich, wie überhaupt jemand (ein Mann, was sonst?) jemals auf die Idee kommen konnte, es gäbe so etwas wie "Penisneid", aber so genau wollten wir's gar nicht wissen...] Anders ausgedrückt: Wäre das Drehbuch von Autor XY gekommen, hätte sich vermutlich kein Agent gefunden, der es in seinem Namen so bei einer Produktionsfirma eingereicht hätte.

George bezahlt Ira nicht nur fürstlich, sondern gibt ihm auch Tipps, wie er bei den Frauen mehr Glück haben kann. Ira hofft, damit - irgendwann, gut Ding will Weile haben! - bei seiner Angebeteten, der Comedienne Daisy (Aubrey Plaza) landen zu können. Dumm nur, dass sein Mitbewohner Mark (Jason Schwartzman, Walk Hard) gerade einen Erfolg als Schauspieler verzeichnen kann und ankündigt, mit Daisy in's Bett zu gehen, wenn Ira sie nicht innerhalb 10 Tagen klarmachen kann. Auch der zweite Mitbewohner, Leo Koenig (Jonah Hill), ist ein Konkurrent, allerdings ein beruflicher. Nach Leos Theorie hat Ira sich mit seiner Gewichtsabnahme (er hat jetzt Normalgewicht) selbst das Geschäft versaut, denn "fett ist lustig". [Foto: Hill, Schwartzman, Rogen. © 2008 Universal Studios]

Die Figur des gutaussehenden Schauspielers Mark erlaubt es Apatow, einen Seitenhieb auszuteilen. Schließlich ist es doch irgendwie ungerecht, dass so ein Typ selbst für eine Rolle in einer grottigen Soap fünfstellige Schecks nach Hause bringt, während die Komiker vor sich hin krebsen und selbst mit gutem Material (das wir nie zu sehen kriegen, aber egal) oft für lau auf der Bühne stehen. Das bringt er gut 'rüber. Der unansehnliche Jonah Hill dagegen ist völlig überflüssig und seiner Figur kaufen wir nichts ab, er nervt nur (wieder einmal).

Es ist nur schwer vorstellbar, dass es Ira mit diesen beiden Tieffliegern lange aushalten, geschweige denn eine Freundschaft pflegen und zusammenwohnen würde. Ausgerechnet Ira, der eher schüchtern ist und noch einen Rest Respekt für Frauen hat? Dass Ira sich um den sterbenskranken George kümmert, das macht ja Sinn, aber diese Kumpels? Ira ist hier klar ein Außenseiter.

Letztlich kaufen wir die Bromance, die Männerfreundschaft zwischen Ira und George, denn wir sehen, genau wie Ira, George alleine und verängstigt gegen seine Krankheit kämpfen. Wir sehen, wie er einer verpassten Chance nachtrauert und machtlos ist. Es bedarf noch nicht einmal der Intervention von Ira, der endlich bereit ist, für seine Grundsätze einzustehen und den Mund aufzumachen, auch wenn es ihn seinen Job und einen Freund kostet. Und mit dieser Bereitschaft schafft Ira endlich die Voraussetzung für eine glaubhafte und funktionierende Freundschaft - auch in guten Tagen. [Foto: Sandler & Rogen, © 2008 Universal Studios]

Wie das Leben so spielt -- Genre: Drama/Tragikomödie -- deutscher Kinostart: 17.09.09 -- Länge: 140 Minuten -- FSK: nicht bewertet.
Buch & Regie: Judd Apatow

Wie das Leben so spielt Trailer deutsch


Wie das Leben so spielt Trailer engl. OT: Funny People



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