08.04.2011

The Fighter - Kritik + Trailer - Bale, Wahlberg, Adams

Das Familien- und Boxerdrama The Fighter mit Mark Wahlberg und Christian Bale basiert auf der wahren Geschichte des Boxweltmeisters im Halbweltergewicht Micky Ward und seines Halbbruders Dicky Eklund (siehe auch Foto unten). 

Dicky Eklund (Christian Bale, Todeszug nach Yuma, Public Enemies) war einmal auf dem Weg, ein großer Boxer zu werden und ist immer noch eine Legende in dem heruntergekommenen Arbeiterkaff Lowell, Massachusetts. Jetzt ist er ein Crack Junkie und trainiert seinen jüngeren Halbbruder, Micky Ward, während er sich insgeheim noch Hoffnungen auf ein Comeback für sich selbst macht. (*Szenenfoto: Dicky (Bale) mit seinem Sohn, seinen Eltern (Leo, McGee) und Micky (Wahlberg). *Alle Fotos mit freundlicher Genehemigung und (c) Senator Entertainment)

Wenn man sich die Familie ansieht, dann kann man fast verstehen, dass Dicky in die Drogen flüchtet. Prolliger geht es nicht mehr. Assi-Mutter Alice Ward (Melissa Leo, derzeit auch in Willkommen bei den Rileys) hat insgesamt neun (9!) Kinder in die
Welt gesetzt und ist auch noch stolz darauf. Diese Leistung gibt ihr das Recht, die ganze Familie laut schreiend zu terrorisieren. Natürlich maßt sie sich auch an, ihren Sohn Micky managen zu können, obwohl sie wenig Ahnung vom Boxgeschäft hat. Aus irgendeinem Grund hören aber alle ihre erwachsenen Kinder auf ihr Kommando. Ihr Ehemann George (Jack McGee, TV: Rescue Me) hat sich darauf verlegt, jeglichen Konflikt tunlichst vermeiden zu wollen. Dazu hat er allen Grund, wie in einer Szene ihm um die Ohren fliegendes Geschirr beweist.

Micky Ward (Mark Wahlberg, Max Payne, Date Night, Die etwas anderen Cops) hat als Boxer sehr viel Potenzial. Durch das Missmanagement seiner Mutter wurde er aber bisher lediglich oft übel vermöbelt und als Sprungbrett für andere Boxer benutzt. Alice und auch Bruder Dicky haben ein gesteigertes Interesse daran, dass Micky kämpft und Geld verdient, ohne Rücksicht auf Verluste. Micky selbst hat ein Kind, das er selten sehen darf. Dicky geht es da besser, sein Nachwuchs hat das Pech, von Oma Alice aufgezogen zu werden. Micky fühlt sich wie ein Loser und das nagt an ihm. Aber er sitzt fest und kriegt einfach die Kurve nicht. Frustrierend zuzusehen.

Als Micky sich in die Barkeeperin Charlene (Amy Adams, Glaubensfrage, Julie & Julia, Verlobung auf Umwegen) verliebt, packt ihn der Ehrgeiz. Charlene wird von Alice behandelt wie Yoko Ono - als Störenfried, der nichts zu melden hat. Micky stellt sich zwar vor seine Freundin, lässt es aber wie immer am Nachdruck mangeln. Doch er spielt mit dem Gedanken, das Angebot eines anderen Managers anzunehmen, nach Las Vegas zu gehen und dort zu trainieren - und auch noch während des Trainings bezahlt zu werden. Das will die Familie verhindern. Dicky lässt sich etwas einfallen, um Micky in Lowell zu halten, doch diese kriminelle Aktivität fliegt auf und bei der Verhaftung gerät auch Micky in die Finger der Polizei und seine Hand unter die wütenden Schlagstöcke eines Cops. (*Foto: Charlene (Adams) und Micky)

Endlich erreicht die Story ihren Wendepunkt. Im Knast macht Dicky den dringend nötigen Entzug und bekommt sogar den ebenso dringend nötigen Zahnersatz. Micky macht eine längere Pause vom Boxen, weil er seine schwer lädierte Hand erst wieder richten lassen muss. Er hat viel Zeit zum Nachdenken, die er dazu nutzt herauszufinden, wie er seine Situation hinbiegen kann, ohne große Veränderungen vornehmen zu müssen  oder seine Familie zu verlieren....

Micky Ward wird von allen ausgenutzt und gibt den Märtyrer, der am Ende der Geschichte als Held gefeiert wird. Wenn man sich seine Umstände und besonders auch sein Umfeld ansieht, dann sind die Parallelen zu unserer Märtyrerin Ree Dolly aus Winter's Bone nicht zu übersehen. Beide lassen ihre Umstände ihr Leben bestimmen.

Es ist  ziemlich anstrengend, diese gestörte Familie zu ertragen. Das Gezeter und Geschrei, die ausgemachte Dummheit und Beschränktheit der Mutter und Schwestern, diese krankhaften Einmischungen treiben den Blutdruck hoch. Es ist frustrierend mitanzusehen, wie Micky über lange Strecken den Hamlet macht und einfach nichts tut. Gerade so, als wäre er an diesem Höllenort festgewachsen und könnte nicht weg. Für eine Weile sieht es so aus, als wäre Charlene ein Glücksfall. Dann zeigt sich allerdings, dass sie genauso drauf ist wie Alice. Sie ist eine Loserin, die wegen ihres Alkoholproblems das College geschmissen hat und jetzt weitertrinkt, weil sie ihren Job nicht anders ertragen kann. Charlene ist nur an Micky interessiert, wenn er Erfolg hat, wenn er ihrem Karriererat folgt, denn dann ist er ihr Ticket in ein besseres Leben. In Mickys beschränkter Sichtweise ist sie natürlich die bessere Alternative und außerdem steht er auf sie.

Die Figur des Crack Junkies Dicky ist derart gezeichnet, dass sie sogar mich dahingehend manipuliert hat, Mitleid mit dem Mann zu haben und alles zu vergessen, was ich jemals selbst mit Junkies erlebt habe. Das liegt daran, dass sich Dicky eher wie ein liebenswerter Alkoholiker benimmt denn wie ein Junkie. Die Auswirkungen seiner Sucht bestehen im Film lediglich darin, dass er Termine versäumt und dann panisch versucht, diese doch noch wahrzunehmen oder sich irgendwie unauffindbar zu machen, um dem Gezeter von Alice zu entgehen. Ich zitiere hier mal eben einen altbekannten Spruch: "Ein Alkoholiker klaut dir die Brieftasche. Ein Junkie klaut dir nicht nur die Brieftasche, er hilft dir dann auch noch, sie zu suchen." Das ist nun einmal die traurige Wahrheit und die wurde in dem Film doch sehr geschönt dargestellt. (*Foto: Dicky im Knast)

Dicky war leider die einzige Figur in The Fighter, an der mir etwas lag und für die ich etwas empfand, die ich verstehen konnte. Die nervige Familie war mir völlig egal und Micky wollte ich ständig in den Hintern treten, damit er sich endlich einmal bewegt und sein Leben selbst in die Hand nimmt.

Mark Wahlberg ist für die Rolle des Micky Ward eigentlich etliche Jahr zu alt und kann sich bei aller Liebe nicht mehr für 31 verkaufen. Das ist besonders anfänglich störend, denn es fällt schwer, einen fast 40jährigen Protagonisten zu respektieren, der sein Leben von seiner Mutter bestimmen lässt. Das ist bei einem 30jährigen Mann schon viel verlangt.  Da ist wohl die Eitelkeit von Wahlberg, der den Film auch produziert hat, mit ihm durchgegangen.

Die Rolle des älteren Bruders hat man dann auch noch mit dem jüngeren Christian Bale besetzt. Der uneitle Bale hat aber wieder einmal keine Mühen gescheut, um dem Vorbild des wahren Dicky Eklund möglichst ähnlich zu sein und sieht tatsächlich bemitleidenswert ausgemergelt und älter aus. Er hat nicht nur wieder gehungert, sondern läuft mit einer Zahnprothese und grauenhaften Haaren herum, inklusive einer haarlosen Stelle auf dem Hinterkopf. Dass die Prothese seine Sprechfähigkeit beeinflusst, ist auch klar (in der deutschen Synchronisation ist das natürlich unter den Tisch gefallen). Bale hat sich seinen Oscar für diese Leistung redlich verdient. Auch Melissa Leo als die unerträgliche Mutter Alice hat sich den Oscar verdient. (*Foto (vlnr): Dicky Eklund, Produzent Todd Lieberman, Micky Ward.)

Dass der Film letztlich funktioniert hat allein damit zu tun, dass das Familiendrama das übliche Ende für einen Boxfilm nimmt und mit Partylaune schliesst. Zu dem Zeitpunkt haben Dicky und Micky eine Entwicklung abgeschlossen, die den Zuschauer versöhnlich stimmt.

Wer ein OV-Kino in der Nähe hat, der sollte das ausnutzen und The Fighter in der Originalversion ansehen. Wie oben erwähnt, entgeht einem ein gutes Stück von Christian Bales Leistung, wenn man sich die Synchro anhört. Dann wurde (mal wieder) der umgangssprachliche Dialog in korrektes Hochdeutsch umformuliert, was natürlich viel von dem Flair des Settings nimmt. Und letztlich hat man sich schon bei der Übersetzung des Dialogs sehr viele Freiheiten genommen. Diesen Eindruck hat mir jedenfalls der deutsche Trailer vermittelt. Nur gut, dass wir im Zeitalter von DVDs mit diversen Sprachspuren leben, denn so kann in ein paar Monaten dann auch der Filmfan in Hintertupfing die OV ansehen.

The Fighter -- Genre: Drama -- deutscher Kinostart: 07.04.11 -- Länge: 117 Minuten -- FSK: ab 12 Jahren.
Drehbuch: Scott Silver (8 Mile) und Paul Tamasy (Air Bud: Champion auf 4 Pfoten) & Eric Johnson (Erstling)
Regie: David O. Russell (Three Kings, I Heart Huckabees)

The Fighter Trailer deutsch


The Fighter Trailer (OV)


Andere Kinostart der Woche: The Mechanic --Willkommen bei den Rileys

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