16.04.2009

Liebe auf den zweiten Blick Kritik - Hoffman + Thompson - Trailer


Liebesfilme, in denen die beiden Hauptdarsteller keine 20, 30 oder 40 mehr sind, gibt's leider viel zu selten zu sehen. Deshalb ist es besonders erfreulich, dass Liebe auf den zweiten Blick auch noch mit einer Star-Besetzung aufwarten kann. Dustin Hoffman und Emma Thompson wurden beide mit einer Golden Globe Nominierung für ihre Leistungen in diesem Film belohnt. Liebe auf den zweiten Blick ist zwar kein voller Erfolg, aber Hoffman und Thompson können ihre Fans die Schwachstellen vergessen lassen.

Der New Yorker Komponist Harvey Shine (Dustin Hoffman, Mr. Magoriums Wunderladen, Stranger Than Fiction) hat irgendwann im Laufe seines Lebens seinen Traum aufgegeben, als Jazz-Musiker Erfolg zu haben, und komponiert statt dessen Jingles für Werbespots. Nun teilt ihm sein Chef Marvin (Richard Schiff, TV: Eli Stone) durch die Blume mit, dass er durch den Nachwuchs ersetzt werden wird. Harvey fliegt nach London, um der Hochzeit seiner Tochter Susan (Liane Balaban, Vielleicht, vielleicht auch nicht) beizuwohnen. Schmerzhaft wird ihm bewusst, dass er in seinem Leben schon öfters ersetzt wurde. Erst nahm Brian (James Brolin, demnächst: Bitter/Sweet, Nailed) seinen Platz bei seiner Ex-Frau (Kathy Baker, Der Jane Austen Club) ein, jetzt verdrängt er ihn sogar von seinem Ehrenplatz als "Vater der Braut" und führt Susan zum Traualtar.

Im Leben von Kate Walker (Emma Thompson, Wiedersehen mit Brideshead, demnächst: An Education) geht es dagegen recht undramatisch zu. Sie kümmert sich um ihre nervige Mutter Maggie (Eileen Atkins, Spuren eines Lebens), die sich zwar von einer Krebserkrankung wieder völlig erholt hat, aber trotzdem mehrmals täglich ihre Tochter auf dem Handy anruft. Als Ausgleich nimmt sie an einem Schreibkurs teil und ist auch ständig mit Buch unterwegs. Flucht in die Fiktion?

Weder Kate noch Harvey haben die Hoffnung auf eine späte Liebe völlig aufgegeben. Kate lässt sich von ihren Mitarbeitern zu katastrophalen Blind Dates überreden, während Harvey gewohnheitsmäßig mit Frauen redet, die ihm über den Weg laufen - und sich Körbe einhandelt. Doch Kate läuft ihm gerade im richtigen Moment über den Weg. Beide hatten einen schlechten Tag und Harvey spielt Kate nichts vor und ist beharrlich. Das hat 'was.

Der Hintergrund, vor dem sich die Liebesgeschichte abspielt, funktioniert weniger gut. Harvey nicht in seinem normalen Umfeld zu sehen, sondern weit weg von seinem normalen Leben, ist schade. Die doppelte Krise (Beruf, Familie) und dann auch noch das ganze Hochzeits-Thema lenken ein bisschen zu sehr von dem doch recht interessanten Protagonisten ab. Auch hatte ich das Gefühl, dass die Figur der Kate etwas dünn geraten ist. Ich hätte gerne mehr über sie als Frau und Mensch erfahren - nicht soviel über sie als Tochter. Hier war das Drama ihrer Mutter, die sogar in Szenen ohne Kate gezeigt wurde, zu weit ausgedehnt. Dennoch....

Liebe auf den zweiten Blick ist interessant und unterhält, bis Autor und Regisseur Joel Hopkins sich dann für den 3. Akt von Die große Liebe meines Lebens bzw. Perfect Love Affair inspirieren lässt. Gerne würde man ihn fragen, ob ihm denn gänzlich die Ideen ausgegangen sind oder warum er nicht wenigstens eine interessantere Variante zu dem Plotpunkt liefert als die, mit der er ankommt. Das Ende von Liebe auf den zweiten Blick leidet unter diesem Missgriff und dem Bestreben, Harveys ganzes Leben noch hurtig wieder auf die Reihe zu bekommen, alle glücklich zu machen und Harvey auch noch Optionen zu geben. Das haut nicht hin und fühlt sich übermäßig konstruiert und nicht authentisch an.

Im Gegensatz dazu kaufen wir Kate ihre - wenngleich recht gedämpften - Reaktionen ab und auch die letzten Szenen zwischen Thompson und Hoffman funktionieren irgendwie - irgendwie.... trotz des haarsträubenden Dialogs, in dem Kate sich selbst analysiert und einfach nicht aufhören will, uns haarklein zu erklären, weshalb, wieso und warum sie keine Beziehung mit Harvey eingehen will. Doch auf diese Szenen folgt dann die Schluss-Szene, die mir wirklich gut gefallen hat.

Womit man allerdings auch bei Liebe auf den zweiten Blick nicht zu rechnen braucht ist feurige Leidenschaft. Genau, die Leidenschaft, die für gewöhnlich gezeigt wird, wenn sich ein älterer Hauptdarsteller in eine 30-jährige Frau verliebt. Wie gesagt, der Film ist ein Anfang und wir wollen mehr (auch Liebes-)Filme sehen, in denen die schmählich vernachlässigte und unterrepräsentierte ältere Bevölkerungsgruppe ihre Altersgenossen und vor allem auch Altersgenossinnen in Hauptrollen sehen kann. Vielleicht sind wir ja im nächsten Jahrzehnt bereit dazu, der Altersdiskriminierung völlig den Garaus zu machen, aber mit angehaltenem Atem würde ich nicht darauf warten. Bis dahin unterstützen wir auch nicht ganz perfekte Filme wie Liebe auf den zweiten Blick und selbstverständlich exzellente Filme wie Gran Torino von und mit Clint Eastwood - wie sonst können wir zum Ausdruck bringen, dass wir solche Filme sehen wollen, also dass auch Filme mit älteren Hauptdarstellern ihre Zuschauer finden und sich somit zu produzieren lohnen? Eben. Das geht nur an der Kinokasse und später per Kauf der DVD.

Filmmusik gibt's auch zu diesem Film:
Liebe auf den zweiten Blick - Last Chance Harvey Soundtrack von Dickon Hinchcliffe. Hier kann man in die einzelnen Titel> 'reinhören

Liebe auf den zweiten Blick Trailer deutsch (2:20)



Liebe auf den zweiten Blick -- Genre: Drama/Liebesfilm -- deutscher Kinostart: 16.04.2009 -- FSK: keine Altersbeschränkung
Drehbuch und Regie: Joel Hopkins

Liebe auf den zweiten Blick Cast:
Kate Walker - Emma Thompson
Harvey - Dustin Hoffman
Maggie Walker - Aileen Atkins
Jean - Kathy Baker
Brian - James Brolin
Susan - Liane Balaban
Marvin - Richard Schiff
Scott - Daniel Lapaine

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