14.02.2009

The International Kritik + Trailer - Berlinale - Clive Owen

The International, der Eröffnungsfilm der Berlinale 2009, wurde mit Spannung erwartet. Zum einen interessierte uns natürlich "Tom Tykwers neuer Film", in erster Linie wollten wir aber doch den fabelhaften Clive Owen (demnächst: Duplicity - Gemeinsame Geheimsache, The Boys Are Back in Town) sehen, der die Hauptrolle des Agenten Salinger spielt.

Wir lernen Agent Salinger kennen, als er vor dem Berliner Hauptbahnhof auf seinen Kollegen Thomas Schumer (Ian Burfield) wartet, der sich in einem geparkten Auto mit einem vor Angst zitternden Informanten unterhält. Dieser riskiert sein Leben, da er wichtige Beweise gegen die International Bank of Business & Credit, kurz IBBC (Hauptsitz in Luxemburg) genannt, liefern will. Die Bank beschäftigt sich mit Geldwäscherei und Waffenhandel, hat demnach mit Politikern, multinationalen Konzernen und Mafia zu tun und folglich auch schon etliche Morde auf dem nichtexistenten Gewissen.

Schumer kehrt nicht mehr lebend von diesem Meeting auf dem Parkplatz zurück, bricht noch auf der Straße vor Salingers Augen tot zusammen. Salinger wird vom vorbeifahrenden Verkehr umgemäht und landet Seite an Seite mit dem toten Partner. Das ist eine sehr effektive Anfangsszene, die uns voll in's Geschehen ziehen würde, wenn wir uns jetzt nicht erst die ganzen Anfangs-credits durchlesen müßten, was einer Vollbremsung gleichkommt. Leider war die Anfangsszene auch schon eine der wenigen interessanten und auch spannenden Szenen des Films, in der es auch etwas zu sehen gab.

Salinger vermutet natürlich, dass sein Partner ermordet wurde und kann an die attestierte Todesursache "Herzattacke" nicht glauben. Im Leichenschauhaus sieht er sich den Leichnam genauer an, sucht ihn sogar mit einer Lupe ab, bis er etwas Verdächtiges findet. Der Mangel an Tempo während Salinger die Leiche unter die Lupe nimmt erinnert schmerzlich an die TV-Serie Post Mortem. Schließlich ist dem Zuschauer klar, dass er etwas finden wird, demnach hat die Szene von vornherein keine Spannung, sondern kommt nur einer Bestätigung gleich. Wichtig ist nicht, dass etwas gefunden wird, sondern was da gefunden wird. Man vermutet eine Vergiftung mit u. a. Blausäure.

Was folgt sind Meetings mit diversen Anzugträgern, die in den Fall involviert sind, einige tauchen später als Leichen wieder auf. Bei seinen Ermittlungen wird Salinger von der New Yorker Staatsanwältin Eleanor Whitman (Naomi Watts) unterstützt, die einem aber genausowenig im Gedächtnis bleibt.

Was wohl niemand so schnell vergessen wird ist das Herzstück des Film, ein set piece einer Schießerei, die sich im (nachgebauten) Guggenheim Museum abspielt. Da fließt das Blut und splittert das Glas, da sorgt ein Handy für einen dringend nötigen Lacher. Eine lange Szene, die keinen Moment zu lange dauert. Dass unser erklärter Bad Guy dabei eine unsinnige Entscheidung trifft, die den nächsten Plotpunkt vorhersehbar macht, fällt dabei nicht in's Gewicht. Unangenehm fiel auf, dass ein Mann im Todessturz fällt und fällt und dann blinzelt die Kamera und voilá, ein kurzer Ruck und dann liegt er auch schon auf dem Boden. Hatte die Cutterin mal eben geniest, als sie den Fall zusammenschnitt? Egal, die Szene ist trotzdem das, worüber die Zuschauer reden.

Ein Verfolgungslauf durch den Bazaar von Istanbul ist da schon weniger aufregend und als Salinger Jonas Skarssen (Ulrich Thomsen, Hitman, Lulu & Jimi, demnächst: Duplicity - Gemeinsame Geheimsache) auf den Dächern hinterherläuft, fragt man sich nur, ob die tatsächlich so bequem gebaut sind, oder ob die Treppchen und Platten extra für den Dreh angebracht wurden. Für jemanden, der um sein Leben rennt, legt Skarssen extrem wenig Ehrgeiz an den Tag.

Meine anfängliche Begeisterung für The International endete leider ziemlich schnell, denn Action ist viel zu spärlich, dafür gibt es zu viele blasse Figuren und selbst unser Protagonist Salinger bleibt eine eindimensionale Figur, über den wir am Ende genauso wenig wissen wie am Anfang.

Banken gewinnen immer und haben Blut an den Händen - keine neue Erkenntnis. Selbst dass die anzugtragenden legitimen Zocker ab und an auf's falsche Pferd setzen bringt sie nicht, wie man gesehen hat, in's Armenhaus, sondern höchstens (eventuell) um den Jahresbonus. Multinationale dreckige Geschäfte, Blutgeld und Mord haben wir zuletzt in Ein Quantum Trost gesehen. Die beiden Filme sind sich gar nicht so unähnlich - keiner von beiden überzeugt, keiner berührt, keiner hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck. War das spannungsfreie Ein Quantum Trost überladen mit Action und lieferte wenig sonst, erst recht keine interessante Hauptfigur, so ist im Gegensatz dazu The International wenig mehr als ein spannungsfreier international angelegter Krimi mit zu wenigen interessanten Action-Szenen, der uns eine globale Verschwörung zeigt und auch keinen interessanten Protagonisten zu bieten hat.

War bei Lola rennt die Musik noch Teil des Filmvergnügens (vor allen Dingen dröhnend laut, wie das damals beim Seattle International Filmfestival richtig cool präsentiert wurde), so fiel mir hier in einer Szene auf, wie uninteressant selbst die Musik von The International ist. Schade.

FSK ab 16 Jahren, damit sich die Kids ihre Illusionen zur Weltwirtschaft noch ein paar Jahre länger bewahren können und/oder beim Anblick einiger blutender Wunden nicht in Ohnmacht fallen. Statt dessen können sich die Kids ab 12 Jahren getrost die Action in Ein Quantum Trost geben oder Kindermorde und eine machtlose Frau in Der fremde Sohn ansehen. Das macht bestimmt Sinn, auch wenn dieser sich mir nicht erschließt.

The International -- Genre: Thriller/Krimi -- deutscher Kinostart: 12.02.2009 -- FSK: ab 16 Jahren.
Drehbuch: Eric Singer
Regie: Tom Tykwer

The International - deutscher Trailer (1:28)



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