23.11.2008

Ein Quantum Trost - Kritik + Trailer

Nachdem ich mehrere "bissige Kommentare" zu Ein Quantum Trost abgegeben habe, wurde ich aufgefordert, "gefälligst eine Kritik" zu dem Flick zu schreiben. Ein paar Worte, kurz und schmerzlos. Vorausgeschickt: Nein, ich habe bestimmt nicht alle James-Bond-Filme gesehen und würde mich demnach niemals als Fan der Franchise bezeichnen. Außerdem habe ich den Film am Premierentag gesehen, ist also schon ein paar Tage her. Ich könnte das Erlebnis auch in einem Wort ausdrücken: Riesenenttäuschung.

Casino Royale soll ja einigen Leuten "zu lang" gewesen sein. Mir nicht, ich fand den Film spannend und interessant - eine gute Story mit Action, Humor und einer Prise Romantik, einem super-coolen Gegner, der mir viel Spaß gemacht hat - was will man mehr? Ein Quantum Trost ist viel kürzer und gekürzt hat man offensichtlich die Szenen zwischen den Action-Szenen. Diese lächerliche Vorgehensweise hat den Film interessanterweise auch einiges an Spannung gekostet. Ich hatte den Eindruck, dass Ein Quantum Trost ein obszön teurer ($ 240 Millionen), aber schlecht zusammengeschusterter Füller ist, der die Zeit überbrücken soll zwischen Casino und dem nächsten, hoffentlich wieder vollwertigen James Bond Film.

Muss man Casino Royale unbedingt vorher gesehen haben? Ich glaube, wenn ich mir den Film nicht noch einmal kurz vorher angesehen hätte, hätte mir Ein Quantum Trost noch weniger gefallen. Casino liefert die Motivation für den Rachefeldzug, den James Bond (Daniel Craig) in Quantum unternimmt und eine Erklärung für seinen leblosen Gesichtsausdruck. Wir nehmen auch noch den Eindruck von James Bond als Mensch mit, von dem wir in Quantum wenig zu sehen kriegen, da er ja als Rambo/Terminator/sonstiger Haudrauf-08/15-Held unterwegs ist und mit Camille (Olga Kurylenko) nicht wirklich viel anfangen kann. Nur bedingt interessant. Andererseits ist es dann aber auch so, dass man den Unterschied zwischen den beiden Filmen noch schmerzlicher wahrnimmt... (also Münze werfen)

Die Storyline um die Organisation Quantum, die mit ihren globalen Machenschaften dafür sorgt, dass die Armen der Welt zugunsten des Profits der reicheren Länder bzw. Investoren noch mehr zu leiden haben, geht fast völlig unter. Es ist eigentlich ein recht bissiger Kommentar zur Weltpolitik und Globalisierung, sehr aktuell auch im Hinblick auf die "Finanzkrise", da hätte man echt mehr draus machen müssen. Knapp vor Ende kommt's dann irgendwie zusammen, aber da war ich schon stocksauer. Vielleicht war's etwas zu passend (Finanzkrise) und man hat aufgrund mangelnder Courage geschnitten? Das wäre eine Erklärung für dieses unterirdische Erlebnis namens EQT.

Öfters konnte man ein Raunen im Kino hören ("wie jetzt?" "was war das?"), als die Zuschauer versuchten, die Storyzusammenhänge zu verstehen, die ihnen zwischendurch schnell vor die Popcorn-Tüte geknallt wurden. Im Fall von Ein Quantum Trost lag's wirklich nicht an den Zuschauern, sondern einfach daran, dass man sich keine Zeit nahm, die Story vernünftig zu erzählen. Also zwischen den Verfolgungsjagden zu Wasser, zu Land, in der Luft und sonstwo. Nicht einmal für Humor hat Quantum Zeit, was ich besonders enttäuschend fand. Ich glaube, außer am Ende der anfänglichen Verfolgungsjad im Auto, als Bond den Kofferraum aufmacht, habe ich kein einziges Mal gegrinst. Da hatte ich aber eben auch noch Hoffnung...

Einzig Madame M (Judi Dench) kommt irgendwie halbwegs witzig und auch menschlich 'rüber, wenn man sie zu Gesicht kriegt. Ihr vorübergehend angeknackstes Selbstbewusstsein (re: Verräter) hätte man dramatischer präsentieren können, als das passierte. Schließlich ist sowas keine Kleinigkeit. Ich hätte gern mehr von ihr gesehen. Schiere Verzweiflung meinerseits, schon klar, entspringt dem Bedürfnis, nicht schon wieder eine furchtbar zusammengeschnittene Action-Szene mit Daniel Craig ansehen zu müssen.

Olga Kurylenko hatte im witzigen Hitman eine kleine aber sehr effektive Rolle (in Max Payne leider nur ein Cameo). Für Ein Quantum Trost hat man ihr zwar eine unglaubliche Sonnenbräune (anscheinend) aufgesprüht, aber sie sieht trotzdem blass aus neben dem übermächtigen Helden. Chemie zwischen den beiden? Null. Das merkt man besonders in einer Szene, als Bond sie (total kirre, mitten in der Action macht man 'mal eben kurz Pause für "einen Moment", so kurz vor 'ner Explosion, wenn ich mich richtig entsinne) in den Arm nimmt. Oh je. Den beiden zusammen kauft man nix ab, nimmt auch nix zur Miete. Anscheinend nahm Kurylenko das raumfüllende Testosteron die Luft zum Atmen. Alternativ: Die Stimmung beim Shoot war derart mies, dass sich das niedergeschlagen hat.

Bekanntlich hat der Protagonist eine Entwicklung durchzumachen und das tut er auch, großzügig betrachtet - vom mordlustigen Trauernden, der kurz davor steht, gefeuert zu werden, hin zum fähigen Agenten, der sich wieder beruhigt hat. Im nächsten Bond-Film kann er dann zur Tagesordnung übergehen.

Bezüglich Daniel Craig - Als ich mir Casino Royale ansah, konnte ich mich für ihn erwärmen. Ein Quantum Trost hätte aber einen Hauptdarsteller gebraucht, der wenigstens sexy ist, da's sonst nicht genug zu bieten hat. Die ganze Propaganda von wegen "Daniel Craig ist sexy", mit der man uns vor dem Release von Casino Royale damals das Hirn waschen wollte, konnte bei mir nix ausrichten. Vor allem darf man Craig nicht in einen Anzug stecken, das geht doch sowas von gar nicht (Das Filmposter? Grauenhaft). Wieso man ausgerechnet am Schauspieler sparen musste werd' ich nie verstehen.

[NB: Dass der UK-Start vor dem US-Start stattfand soll ursprünglich nicht beabsichtigt gewesen sein. Na, dann war's eben Zufall, dass man dort startete, wo man davon ausgehen konnte, dass der Film bessere Kritiken bekommt - allein wegen der Mitwirkung von Daniel Craig. Wir sollten uns das auch angewöhnen, die deutschen Stars und deutschen Filme (oder Regisseure, hey, Marc Forster!) hochzuhypen und zu unterstützen, damit sie größere Chancen haben, auch woanders Geld zu verdienen (und hier evtl. Steuern zu zahlen). Für New York für Anfänger mit Simon Pegg konnten auch lächerlich (da unglaubwürdig) hohe Bewertungen nichts ausrichten, der kam bei den US-Kritikern (zurecht, Kritik morgen hier) nicht gut an - NYfA lief aber auch gleichzeitig in den UK und den USA an. Pech.] So, mehr gibt's zum Thema EQT von mir nicht.

Für den einen oder die andere mag der Soundtrack zum Film Ein Quantum Trost spenden... :> Quantum of Solace Soundtrack

James Bond: Ein Quantum Trost - deutscher Trailer (1:47)



Ein Quantum Trost - OT: Quantum of Solace - UK Trailer engl. (2:18)



Ein Quantum Trost
Drehbuch: Paul Haggis (Im Tal von Elah, Crash) und Neal Purvis (Casino Royale, Johnny English)
Regie: Marc Forster (Der Drachenläufer, Schräger als Fiktion)

Ein Quantum Trost Cast
James Bond - Daniel Craig
Camille - Olga Kurylenko (Hitman, Max Payne)
M - Judi Dench
Dominic Greene - Mathieu Amalric
Mathis - Giancarlo Giannini
u. a.
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