18.12.2008
Wild Child - Erstklassig zickig Kritik
Vor kurzem erst sahen wir Die Girls von St. Trinian, eine britische Komödie, deren Story-Skelett dem von Wild Child so sehr ähnelt, dass man nach einem "basierend auf..." sucht. Und doch könnten die beiden Filme verschiedener nicht sein. Während Die Girls von St. Trinian es schafft, witzig und frech eine schöne Story über Girl-Power zu erzählen, versagt Wild Child mit seiner Oberflächlichkeit und einem Mangel an Originalität und Gefühl. Wild Child ist das, was man "Hollywood Filmen" gerne unterstellt: völlig überflüssig, gänzlich vorhersehbar schon ab der ersten Minute und für seine Zielgruppe (Mädchen von 8 bis 15) eigentlich eher ungeeignet.
Poppy (Emma Roberts, demnächst: Das Hundehotel), typisch verwöhntes Malibu-Girlie, wird von ihrem Vater (Aidan Quinn) zur Strafe nach England in ein verstaubtes Internat geschickt. Dort angekommen, fühlt sie sich in's Mittelalter zurückversetzt. Das Handy-Verbot ist dabei nur die Spitze des Eisbergs.
Als sie ihrer neuen "big sister" Kate (Kimberley Nixon, Frontalknutschen, demnächst: Easy Virtue) vorgestellt wird, treffen Kulturen und Gegensätze aufeinandern. Kate hat die Situation in der Hand, doch Poppy erteilt ihr trotzdem eine Abfuhr - ihre Freunde sucht sie sich selbst aus.
Auch das "Headgirl" Harriet (die fehlbesetzte Georgia King, demnächst: Die Herzogin) bekommt gleich eine Abfuhr erteilt. Den Respekt, den Harriet von Poppy fordert, den soll sie sich erst einmal verdienen. Georgia King ist super, geht aber kaum für 17 (Höchstalter an der Schule) durch.
Poppys neue Mitbewohnerinnen scheinen von einem anderen Planeten zu stammen - sie ernähren sich von Schokolade, haben keinen Therapeuten und können ohne Handy auskommen.
Die kulturellen Gegensätze könnten zu einer halbwegs intelligenten Story führen, man könnte sich damit auseinandersetzen und Spass haben, doch Wild Child interessiert das nicht. Erst müssen uns die Mädels die neueste Teenie-Mode vorführen und Werbung für ein Teenie-Modemagazin machen, dann muss die höchst konstruiert anmutende Story ihre gänzlich vorhersehbaren Plotpunkte abarbeiten. Dazu ist Drehbuchautorin Lucy Dahl (Tochter von Autor Roald und der Schauspielerin Patricia Neal, Der Tag an dem die Erde stillstand), deren erstes Drehbuch Wild Child ist, allerdings so gut wie nichts eingefallen.
Poppy versucht, was ja noch Sinn macht, einen Schulverweis zu bekommen, bis sie es sich dann - wer hätte das gedacht? - anders überlegt. Nicht völlig unschuldig an dem Sinneswandel ist ein Junge, der Sohn der Schulleiterin Kinglsey, Freddie (Alex Pettyfer, demnächst: Tormented). Er ist natürlich auch der erklärte Schwarm von Poppys Erzfeindin Harriet.
Als wäre es ein Märchen für 4-jährige, bekommt Harriet nicht einmal den Hauch einer guten Seite. Sie ist verlogen, schleimerisch und lebt in einer Traumwelt. Auch die kurz angedeutete Hintergrundstory eines der anderen Klischee-Mädchen wird nur pro forma kurz erwähnt.
Was da schon eher überrascht, ist das Verhalten der Schulleiterin Mrs. Kingsley (Natasha Richardson), das tatsächich auch eine Begründung erhält. Eine Figur in Wild Child zu finden, die an einen realen Menschen erinnert, das fällt schon richtig auf.
Die Botschaft: "Mädels sind überall gleich, nur Mode und Jungs im Kopf, sonst nix". Dennoch muss Poppy ihre hippe Frisur ändern und auch wieder zu ihrer natürlichen Haarfarbe zurückkehren, so will es das Plot. So sind die Engländerinnen, scheint Wild Child zu sagen, nicht so oberflächlich wie die Chicks aus Malibu mit ihren Extensions.
Was natürlich nicht fehlen darf ist eine ausgedehnte Party-Szene. Da kann man dann das 'reinpacken, was man den Teenies so gerne verkauft: Mode und Musik. Als Anreiz gibt's auf der Party natürlich Jungs, sonst bräuchten sich die Mädels ja nicht so peinlich aufzubrezeln, wenn sie "unter sich" wären....
Viel zu schnell und wie von Geisterhand kommen die Auflösungen der vereinzelten "Konflikte". Auch ist der Aufbau der Geschichte ungewöhnlich endlastig. Als hätte man schon alle "Ideen" aufgebraucht, ist das Wohlfühl-Ende mit seinen komplett vorhersehbaren Mini-Ereignissen in die Länge gezogen. Das Ende stimmt einem fast versöhnlich, man würde nur gerne den Film sehen, zu dem es auch tatsächlich passt.
Was letztlich schlecht wegkommt ist Poppys Heimat, die USA. Ihre beste Freundin dort wird als Heuchlerin entlarvt und wir lernen, am Ende des Films, dass so ein englisches Internat für amerikanische Mädchen dringend nötig ist, um "zur Vernunft" zu kommen. Zwar widerspricht sich hier die anfängliche Botschaft von wegen "Mädels sind überall gleich...", aber Logik sucht man in Wild Child eh' vergeblich. Na, wenn das in Zeiten der Globalisierung und des Strebens nach einer besseren interkulturellen Kommunikation nicht ein Schlag in's Gesicht ist.
Und nein, Wild Child ist beileibe keine Mischung aus Clueless und Die Girls von St. Trinian, wie ich irgendwo gelesen habe. Sowohl Clueless als auch Die Girls von St. Trinian hatten Herz und Verstand und waren auch richtig witzig.
Ich kann nur davon abraten, sich den Trailer zu Wild Child - Erstklassig zickig anzusehen, denn der erzählt quasi schon die ganze dünne Geschichte. Der Trailer zeigt auch die eine oder andere relativ wichtige Szene vom Ende des Films. :(
Wild Child - Erstklassig zickig -- Genre: Komödie -- deutscher Kinostart: 18.12.08 -- FSK: ohne Altersbeschränkung
Drehbuch: Lucy Dahl
Regie: Nick Moore
Wild Child - Erstklassig zickig Cast:
Poppy - Emma Roberts
Harriet - Georgia King
Freddie - Alex Pettyfer
Kate - Kimberley Nixon
Molly - Lexi Ainsworth
Ruby - Shelby Young
Mrs. Kingsley - Natasha Richardson
Gerry - Aidan Quinn
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