26.06.2008

Charlie Bartlett Kritik


Charlie Bartlett ist eine beeindruckende Komödie, die mit Tiefgang, Verstand und Herz überzeugt, nie langweilig wird und auch noch ein sehr gutes Ende liefert. Bartlett ist der erste produzierte Feature-Film von Drehbuchautor Gustin Nash, der inzwischen einige Projekte in der Pipeline hat. Seine Romanadaption Youth in Revolt wird gerade gedreht. Auch für Regisseur Jon Poll, der 20 Jahre lang Erfahrung als Filmeditor (Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich, Scary Movie 3) gesammelt hat, ist Charlie Bartlett das Feature-Film Debüt.

Charlie Bartlett (Anton Yelchin, Alpha Dog, demnächst: You and I, Star Trek (XI)) hat einen wiederkehrenden Traum: Er steht auf der Bühne und spricht zu einer Menge wie das zum Beispiel Motivations-Guru Anthony Robbins oder Pop-Psychologe Jon Gray tun würde. Die Menge jubelt ihm zu.

Die Realität? Charlie Bartlett flog aus allen Privatschulen 'raus, jetzt steht sein erster Tag in einer öffentlichen High School an. Er hat sich über diesen wichtigen Tag offensichtlich mehr Gedanken gemacht als seine Mutter Marilyn (Hope Davis, demnächst: Synecdoche, New York, Genova), die ihn in der Stretch-Limo samt Chauffeur zur Schule schicken will. Charlie nimmt den Bus und macht Bekanntschaft mit dem übergewichtigen und etwas zurückgebliebenen Len (Dylan Taylor, demnächst in der TV-Serie Aliens in America bei uns zu sehen). Dadurch, dass Charlie mit Krawatte und Aktentasche zur Schule geht, zieht er das Interesse von Susan Gardner (Kat Dennings, demnächst: The House Bunny, Nick & Norah Soundtrack einer Nacht) auf sich, die ihn damit aufzieht. Charlie bleibt den ganzen Tag über gelassen und freundlich, doch das nützt nichts. Er wird ignoriert.

Schlimmer noch, Murphy (Ex-Musiker Tyler Hilton, Walk The Line, TV: One Tree Hill) verschafft Charlie Bartlett ein blaues Auge, worauf ihn Marilyn zum Psychiater (Stephen Young) schickt. Dem fällt auch nichts besseres ein, als Ritalin zu verschreiben, auf das Charlie extrem reagiert.

Wir sehen also gleich, wie im Hause Bartlett mit Krisen umgegangen wird - sie werden an den Psychiater weitergereicht. Wir nehmen das Marilyn nicht übel, denn sie selbst nimmt Psychopharmaka, um durch den Tag zu kommen und spült immer reichlich mit Alkohol nach. Charlie vermisst seinen Vater und Marilyn ihren Ehemann. Doch ist das kein Thema, über das Charlie gerne spricht. Wenn er dazu gezwungen wird, serviert er für gewöhnlich eine Lüge.

Ritalin macht high und Charlie hat die zündende Idee: Er macht Murphy zu seinem Geschäftspartner beim Verkauf der Droge, gibt ihm 50 % des Gewinns ab (was der aus armen Verhältnissen stammende Murphy natürlich sehr schätzt) und wird von seinen Mitschülern endlich wahrgenommen. Die Dinger werden aber nicht nur verdrückt, sondern Charlie bietet Konsultationen auf dem Jungs-Klo an. Er schafft eine Situation wie im Beichtstuhl. Dabei sieht man, dass das für Charlie kein Geschäft ist (Geld hat er eh' genug), sondern dass er sich für die Menschen und ihre Probleme tatsächlich interessiert.

Charlie baut langsam eine Beziehung zu Susan auf, Tochter des Rektors Gardner (Robert Downey jr., Iron Man, demnächst: Der unglaubliche Hulk, Tropic Thunder, The Soloist). Auch der geschiedene Gardner spült seine Probleme mit Alkohol 'runter, kümmert sich aber selbst um die Erziehung seiner Tochter. Seine Methoden sind das Gegenteil von Marilyns Methoden und in Krisensituationen schießt er mit seiner Strenge öfters 'mal über's Ziel hinaus. Als in der Schule Überwachungskameras installiert werden, rebellieren die Schüler. Gardner gerät immer mehr unter Druck.

Mit viel Humor, Einfühlungsvermögen und Verstand leuchtet diese vielschichtige Komödie die Beziehungen zwischen Teenagern und ihren Eltern bzw. ihren Mitschülern aus. Charlie Bartlett macht deutlich, dass jeder Schüler ein Individuum ist, das seinen Begabungen entsprechend gefördert werden sollte. Besonders schön sieht man das am Beispiel des Künstlers Kip (Mark Rendall, 30 Days of Night, demnächst: Seide (DVD), My One and Only), sowie an Charlie selbst. Der Film zeigt sehr schön, dass die Kluft zwischen Erwachsenen und Teenagern nicht so groß zu sein bräuchte. Man braucht sich gegenseitig - eine sehr versöhnliche Botschaft. Charlie wirft auch einen Blick hinter die Fassade des gewaltbereiten Murphy. Immer mit dem Ziel herauszufinden, was der einzelne Mensch braucht, um glücklich zu sein.

Anton Yelchin kommt völlig authentisch 'rüber, macht seinen liebenswerten Charlie Bartlett zu einem Botschafter für Menschlichkeit. Robert Downey jr. spielt den Alkoholiker fast ein bisschen zu überzeugend, arbeitet fabelhaft mit Filmtochter Kat Dennings zusammen. Hope Davis spielt schon zum zweiten Mal die Filmmutter von Anton Yelchin (zuvor in Hearts in Atlantis). Sie bringt eine enorme Verletzlichkeit, Verlorenheit und Sanftheit zu der Rolle, wodurch sie verhindert, dass (wie so oft) die Mutterfigur verteufelt und angeklagt wird. Letztlich stehen alle Figuren auf der gleichen Ebene, allen wird Verständnis entgegengebracht.

Das Budget für Charlie Bartlett war mit 12 Mio. US $ relativ klein, in den Hauptrollen gibt es keine jungen A-Lister, der Regisseur ist ein unbeschriebenes Blatt und der Film bekam auch noch ein nachteiliges R Rating (Freigabe ab 18 J, bei uns hat er FSK: 12) verpasst - das hatte zur Folge, dass Charlie Bartlett in den USA im Februar in nur rund 1100 Kinos anlief (Zu der Zeit besetzte Jumper noch 3400, Die Geheimnisse der Spiderwicks 3800, Ein Schatz zum Verlieben 3100, Vielleicht, vielleicht auch nicht noch 2200 Kinos mit Beschlag, und der Neustart 8 Blickwinkel behielt rd 3500 Kinos im Auge) und bis dato die Produktionskosten noch nicht einspielen konnte. Ab 26.06.08 ist Charlie Bartlett in deutschen Kinos zu sehen. Ich würde mir wünschen, dass wir diesem sehenswerten Film die Beachtung zukommen lassen, die er verdient hat.

Hier geht's zum Soundtrack: Charlie Bartlett

Als erstes kommt Charlie Bartlett als UK-Import auf DVD: >Charlie Bartlett [UK IMPORT], von Blu-Ray ist nichts zu sehen.

Hier gehts zu den Trailern: CB Trailer

Charlie Bartlett - Genre: Komödie -- FSK: 12 -- Laufzeit 97 Minuten -- deutscher Kinostart: 26.06.08
Drehbuch: Gustin Nash
Regie: Jon Poll

Charlie Bartlett Cast:
Charlie Bartlett - Anton Yelchin
Gardner - Robert Downey jr.
Marilyn Bartlett - Hope Davis
Susan Gardner - Kat Dennings
Murphy - Tyler Hilton
Kip - Mark Rendall
Jordan - Jonathan Malen (demnächst: The Rocker)
Dr. Weathers - Stephen Young
Len - Dylan Taylor

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1 Kommentar:

Marc hat gesagt…

That's a fun movie, too bad I can't read or post in German!
Cheers!